Unverhofft kommt jetzt immer öfter in Berlin. Zum zweiten Mal binnen nur Stunden musste die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel eingestehen, sich schwer geirrt zu haben. Zuerst in der Causa Maaßen, die sie nach viel wütendem Protest zu korrigieren hatte.

Und am Dienstag, nach der Neuwahl der Fraktionsspitze in der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, wurde deutlich: Merkel hat erneut die Wünsche der Mehrheit falsch eingeschätzt. Obwohl sie sich deutlich für einen Verbleib des getreuen Volker Kauder ausgesprochen hatte, siegte der Außenseiter Ralph Brinkhaus bei der Wahl.

Es ist eine echte Watschn, die Merkel da bekommen hat. Brinkhaus plädiert für einen eigenständigeren und selbstbewussteren Kurs der Fraktion, sie soll künftig weniger Kanzlerwahlverein sein. Wäre die Unzufriedenheit mit Merkels Politik nicht so groß, hätte er keine Chance gehabt.

Doch so sahen viele die Möglichkeit, Merkel die Meinung zu sagen. Noch geschieht dies im Geheimen und in der Wahlkabine. Das kann sich nun schnell ändern. In Berlin finden Erosionsprozesse statt, die vor kurzem noch niemand für möglich gehalten hätte.

Im Zentrum steht eine Kanzlerin, die nicht mehr zu erkennen vermag, was viele im Land und die Mehrheit "ihrer" Abgeordneten wollen. Selbst die treuesten Merkel-Gefährten kommen nicht umhin, festzustellen: Der Anfang vom Ende hat definitiv begonnen. (Birgit Baumann, 25.9.2018)