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Die Aquarius in Malta.

Foto: Reuters/Darrin Zammi

Lissabon – Im Tauziehen um die durch Hilfsorganisationen im Mittelmeer geretteten Flüchtlinge an Bord der Aquarius hat die Regierung in Valletta den Geretteten die Erlaubnis erteilt, in Malta an Land zu gehen. Ein maltesisches Schiff werde die 58 Migranten aufnehmen und an Land bringen, sie würden dann "unverzüglich" auf andere Länder verteilt, hieß es vonseiten der maltesischen Regierung.

Zuvor hatte Portugal mit Frankreich und Spanien eine Abmachung zur Aufnahme von zehn Flüchtlingen getroffen. Portugal werde zehn Personen aufnehmen, kündigte die portugiesische Regierung laut der Nachrichtenagentur AFP am Dienstagnachmittag an.

Die Entscheidung sei solidarisch und in Absprache mit Spanien und Frankreich getroffen worden, erklärte das Innenministerium in Lissabon in einer Aussendung – zunächst war unklar gewesen, wo die Flüchtlinge an Land gehen würden. Insgesamt befinden sich 58 Menschen an Bord des Schiffes. Die Besatzung erfuhr von der Wendung über Medienberichte.

Niemand übernimmt die Koordination

Die Tage zuvor bestimmte die Suche nach einem sicheren Hafen für die Aquarius. Am Montagabend kontaktierte die Besatzung der Aquarius jede Leitstelle zur Seenotrettung in Europa. In einer E-Mail an die Behörden in Portugal, Spanien, Frankreich, Belgien, den Niederlanden, dem Vereinigten Königreich, Monaco, Norwegen und zwölf weitere Leitstellen forderten die Helfer, dass eine Behörde die Koordination der Hilfseinsätze übernimmt. Noch hat keine der Leitstellen geantwortet.

Der Leiter der Such- und Rettungseinsätze vor Ort, Nick Romaniuk, spricht von einem "andauernden Problem". Dass keine Leitstelle die Koordination von Seenotrettungen übernehmen wolle, würde "Rettungseinsätze verzögern und Menschenleben gefährden". Berichte von Überlebenden an Bord, wonach private Handelsschiffe nicht mehr anhalten würden, um Menschen in Seenot aufzunehmen, ist für ihn ein Zeichen dafür, dass die europäische Politik das Prinzip der Solidarität auf hoher See aushöhlt.

"Geht um Menschenleben"

Fehlende Informationstransparenz würde weiterhin Seenotrettungen verzögern. So kontaktierte das Seeaufklärungsflugzeug Seagull 95 aus Luxemburg, das Teil der EU-Mission Sophia ist, am Montagabend alle Schiffe in der Region aufgrund eines Schlauchbootes in Not. Darauf würden sich rund 100 Menschen befinden. Die Aquarius antwortete und machte sich auf den Weg in Richtung der libyschen Ölfelder, von wo aus der Notruf abgesetzt worden war. Eine Kontaktaufnahme mit der libyschen Leitstelle für Seenotrettung unter den beiden Notrufnummern scheiterte. Romaniuk kontaktierte also die italienischen Behörden. "Wenn eine Leitstelle nicht antwortet, kann ich jede andere Leitstelle kontaktieren", sagt Romaniuk: "Immerhin geht es darum, Leben zu retten."

Die Italiener verwiesen an die libysche Behörde – trotz mehrmaligen Hinweises durch Romaniuk, dass sich die Libyer nicht melden würden. "Ich mache dabei Libyen keinen Vorwurf, weil sie einen Krieg in der Nachbarschaft haben, und wer weiß, was mit dem Bürogebäude der Leitstelle passiert sein könnte", sagt der Leiter des Einsatzes: "Es könnten Bomben auf die Behörde fallen, aber dann muss eine andere Leitstelle koordinieren."

Keine Details aus Italien

Nach einiger Zeit telefonierte Romaniuk nochmals mit den Italienern, die ihn informierten, dass die libysche Küstenwache die Menschen an Bord genommen habe. Details hatte der italienische Beamte nicht parat. Kurz darauf hörte die Besatzung der Aquarius den Funkverkehr zwischen den privaten Schiffen OOS Tiger und ASSO 24. Offenbar hatte die OOS Tiger die Geretteten an Deck und wollte über das zweite Schiff in Kontakt mit der libyschen Küstenwache treten, da sich ein Verbindungsoffizier an Bord befunden hatte.

Romaniuk versuchte also nochmals, mit den Libyern in Kontakt zu treten. Aber vergeblich. Den italienischen Behörden berichtete er am Telefon von dem Funkverkehr und fragte nach, ob die Informationen nach wie vor korrekt seien, dass die libysche Küstenwache die Rettung durchgeführt habe. Die Italiener wussten es nicht. Die Aquarius wies darauf hin, dass es medizinisches Personal an Bord gebe, das sich um Notfälle kümmern könnte. Dann wurde das Gespräch beendet. (bbl, red, 25.9.2018)