Wien– Für die Pressestelle der Landespolizeidirektion (LPD) Wien stellen die Empfehlungen aus dem Innenministerium zum Umgang mit Journalisten und bestimmten Informationen "keine Änderung im täglichen Gebrauch unserer Medienarbeit dar". Das sagte deren Leiter Manfred Reinthaler am Dienstag.

Einzige Ausnahme sei die Nennung der Staatsbürgerschaft bei Verdächtigen in Aussendungen. Diesbezüglich hat die Landespolizeidirektion ihre bisherige Praxis schon vor einer Woche geändert – also vor der entsprechenden E-Mail eines Ministeriumssprechers, aufgrund telefonischer Informationen aus dem Innenressort. Reinthaler, seit 2009 Leiter der größten Polizeipressestelle in Österreich, sieht darin eine Maßnahme "im Sinne der Transparenz" und für eine österreichweit einheitlichere Linie als zuvor. "Wenn alle benannt werden (Österreicher wie Ausländer, Anm.), ist das für uns in Ordnung." Außerdem gelte: "Wenn die fachvorgesetzte Behörde darum ersucht, das zu machen, tun wir das natürlich."

Bei der für die Öffentlichkeit bestimmten Kommunikation zu Sexualstraftaten gelte nach wie vor der Grundsatz, den Opfer- und Datenschutz in den Vordergrund zu stellen. "Bei Fällen im öffentlichen Raum halten wir schon bisher nicht hinter dem Berg, sofern nicht kriminaltaktische Gründe, etwa eine laufende Observation, dagegen sprechen", sagte Reinthaler. "Beim Großteil der Sexualstraftaten, in etwa 80 Prozent der Fälle, besteht aber eine Täter-Opfer-Beziehung. Bei solchen Taten im familiären Bereich könnte die Identität des Opfers leicht nachvollzogen werden, deswegen wird hier zumeist von einer Veröffentlichung abgesehen. Es ist eine Frage der Prioritäten."

Die Anregung, die Kommunikation bei Sexualstraftaten im öffentlichen Raum zu forcieren, stößt auch auf Kritik bei Experten: "Da ist eine große Gefahr der Verzerrung", sagte Maria Rösslhumer, Geschäftsführerin vom Verein "Autonome Österreichische Frauenhäuser". Der weitaus größte Anteil an Übergriffen gegen Frauen passiere nämlich "in den eigenen vier Wänden".

Ziel einer positiven Berichterstattung "nichts Neues"

Zum Hauptvorwurf der angeblich intendierten Beschneidung der Pressefreiheit durch Ausgrenzung "kritischer" Medien betonte Reinthaler: "Es gibt absolut keine Info-Sperre. Das steht so auch nicht (in der E-Mail, Anm.) drinnen." Dass die sogenannten Exklusivbegleitungen – einzelne Journalisten begleiten Polizeieinheiten zu bestimmten Einsätzen – zur Imagepflege eingesetzt werden, "das mache ich, seit ich hier Chef bin". Wer dort zum Zug komme, "das suchen wir schon selber aus". Dass das Ziel "eine neutrale oder positive Berichterstattung" sei, "ist nichts Neues".

Auch zu den sporadisch abgehaltenen Hintergrundgesprächen werden von der Landespolizeidirektion nicht jedes Mal alle Medien eingeladen. Die Auswahl rotiere. Bei denen, die dabei sind, "ist die Publizität dann höher", begründet dies der Pressechef. "Es besteht die Möglichkeit, gezieltere Fragen an die Ermittler zu richten und dadurch intensiver zu schreiben." Solche Termine sollen Journalisten tiefere Einblicke in ein bestimmtes Thema bieten und dauern üblicherweise länger als die klassische Pressekonferenz. "Da sind dann alle dabei." Grundsätzlich gelte: "Wir versuchen, alle gleich zu bedienen", so Reinthaler. Das Ergebnis sei, dass "alle (Medien, Anm.) eigentlich neutral" berichten.

Wenig später meldete sich auch die Kärntner Landespolizei, wie auch die Pressestelle der Landspolizeidirektion Tirol. Der Tenor ist gleich: Man sieht in dem Innenministeriums-E-Mail "keine Anleitung", gewisse Medien von Informationen auszuschließen. Dies sagte etwa der Leiter der Tiroler Polizeidienststelle, Manfred Dummer. Es gebe durch das Schreiben keine Änderung im Hinblick auf die Informationspolitik der LPD – weder in punkto Information der Medien noch im Hinblick auf die Nennung von Staatsbürgerschaften.

Innenministerium: Keine Weisung

Auch im Innenministerium wies man die Kritik an der Medienarbeit des Ressorts zurück. Karl Hutter, Leiter der Präsidialsektion, sagte: "Von einer 'Informationssperre' kann keine Rede sein." Im kritisierten Schreiben des Ressortsprechers, das an verschiedene Polizeidienststellen versandt wurde, werde nicht nur ausdrücklich auf das "rechtlich vorgesehene" Maß der Zusammenarbeit mit Medien hingewiesen, es sei zur Erläuterung auch eine umfangreiche Passage aus dem Auskunftspflichtgesetz beigefügt.

Hutter betonte als Vorgesetzter des Verfassers, dass es sich bei der Mail weder um eine Weisung noch um ein Schreiben handle, das im Auftrag oder auch nur im Wissen des Innenministers oder seines Kabinetts verfasst worden sei. Formulierungen wie "Schreiben aus dem Ministerbüro" oder gar "Geheimpapier" seien deshalb unzutreffend. Das Innenministerium wolle die aktuelle Debatte zum Anlass für eine Neufassung der Grundlagen der Medienarbeit nehmen. "Wir werden unter meiner Koordination und unter Federführung des Kommunikationsabteilungsleiters neue Leitlinien erstellen. Diese werden nach Fertigstellung auch den Kolleginnen und Kollegen der Medien zur Verfügung gestellt", kündigt Hutter an. (APA, 25.9.2018)