Ewald Nowotny zeigt sich darüber erstaunt, dass sich die Regierung in die Lohnverhandlungen einmischt. Immerhin sei der Staat einer der größten Arbeitgeber des Landes.

Wien – Die Sozialpartner sollen "sicherstellen, dass die Arbeitnehmer von der guten wirtschaftlichen Entwicklung in unserem Land profitieren", wünschten sich am Samstag Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) und Vizekanzler Heinz-Christian Strache (FPÖ) zum Auftakt der Kollektivvertragsverhandlungen. Ein "ungewöhnlicher" Schritt, wie Nationalbank-Gouverneur Ewald Nowotny in der ORF-"Pressestunde" am Sonntag meinte.

"Pressestunde" mit Nationalbank-Gouverneur Ewald Nowotny über die laufenden Lohnverhandlungen.
ORF

Ob die geforderten fünf Prozent Lohnplus zu hoch seien, will er nur gesamtwirtschaftlich beantworten, denn eigentlich sei es in einer Marktwirtschaft üblich, "dass dieses Thema von den Sozialpartnern untereinander ausgemacht wird". Man hätte die Sache allerdings in der Notenbank früher diskutieren können, "weil sich ja Lohnentwicklungen auf die Preisentwicklungen auswirken", so Nowotny.

"Man muss das ein bisschen in der längerfristigen Perspektive sehen, wir haben eine relativ lange Zeit gehabt mit ziemlich zurückhaltender Lohnpolitik. Wenn ich mir das jetzt für das Jahr 2018 ansehe, so haben wir ungefähr drei Prozent Wachstum, ungefähr zwei Prozent Inflation, also ungefähr ein Nominalwachstum von fünf Prozent. Das würde ich als nicht besonders überschießend betrachten, was die Lohnerhöhung betrifft", meinte Nowotny.

Kritik an Regierungsspitze

Dass sich die Regierung mit dem Appell, "ein kräftiges Lohnplus herauszuverhandeln", einmischt, hält Nowotny insofern für "ein bisschen problematisch", als ja der Staat einer der größten Arbeitgeber sei und "auch dort sehr rasch Lohnverhandlungen zu führen sein werden".

Zuvor hatten bereits Gewerkschaft, SPÖ und Neos die Regierungsspitze dafür kritisiert: "Verkaufen Sie die Beschäftigten nicht für blöd", verwies SPÖ-Sozialsprecher Beppo Muchitsch auf Einbußen durch den Zwölfstundentag. Lohnerhöhungen würden großteils von der kalten Progression aufgefressen, letztlich profitiere nur der Finanzminister, merkten die Neos an. "Bizarr" und "wohl nur der nächste PR-Schmäh ihrer Berater" ist der Regierungsappell aus der Sicht von Gewerkschaftschef Rainer Wimmer. (red, 23.9.2018)