Kasperl und Pezi sind in guten Händen: André Heller (re.) übernimmt das Urania Puppentheater von Direktor Manfred Müller.

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Wien – Gemma schaun, gemma schaun / ob die Noarrn wirklich bled san / oda ob ned mir des Gfrett san / so ganz ohne Phantasie!" Eigentlich kann die Nachricht, dass André Heller die traditionsreiche Urania-Puppenbühne übernimmt, nur jene überrascht haben, die sich maximal oberflächlich mit Person und Passion des in Wien geborenen Universalkünstlers auseinandersetzen.

Das Theatralische, das Circensische, Artifizielle, Preziöse, aber auch das Provokante, Unflätige und Bodenständige sind ein immer wiederkehrendes Momentum im Schaffen des 1947 als Francis Charles Georges Jean André Heller-Hueart geborenen Sprosses der jüdisch-katholischen Dynastie der 'Heller-Zuckerln'. Bereits als Kind zelebrierte der 'Franzi' Messen am heimischen Kinderaltar, vollführte Zauberkunststücke und floh regelmäßig (vor allem in der Zeit der Kinderhölle im Internat) in die Welt der Fantasie und der Buchstaben.

Jemand, der es vollbringt, "Hans Wurst, de Sade und den Mann ohne Eigenschaften" in einem Vers unterzubringen, ohne auch nur ansatzweise ins Lächerliche abzugleiten, zeigt Größe. Heller, Großmeister der Wortkaskade, haftete lange das Odeur der Arroganz an. Zu Unrecht. Begründet war dies in seiner Rolle als moralische und politische Instanz. In Wahrheit aber ist er einer, der immer nach Liebe und Anerkennung gerungen hat und stets Kind geblieben ist: neugierig, staunend, interessiert, spielerisch, zugleich philosophisch, gedankenschwer. Heller wurde relativ spät Vater und liebevoller Großvater. Sohn Ferdinand Sarnitz reüssiert musikalisch als Left Boy.

Das Wienerische durchzieht sein ganzes Werk

Heller, dessen Mutter heuer im 104. Lebensjahr verstarb, ist Ermöglicher, Ingeniosus, ist Bewahrer des Vergänglichen, in Vergessenheit Geratenen, des in der Schnelllebigkeit unserer Zeit Vernachlässigten. Auf der Suche nach der Seele des Lebens, nach Wahrheit und Authentizität. Als solcher war der Poet einer der Ersten, die in Mundart sangen. Das Wienerische durchzieht sein ganzes Werk. Insofern fügt sich der im tiefsten Inneren subversive Kasperl als urwienerische Institution perfekt in sein Portfolio. Abwechselnd lebt Heller mit Lebensgefährtin Albina Bauer in Wien und Marrakesch, wo er, nach Zirkus Roncalli, Varieté Flic-Flac, Kathedralen des Wissens und Staunens, seinen Zaubergarten Anima als Hommage an die Schöpfung verwirklicht. Ob der Erwerb des Kasperltheaters für Heller die späte Erfüllung eines Kindheitstraums ist? Das Glück is a Vogerl – oder wie heißt es in einem von Hellers Chansons? "Gut ist's, ein Narr zu sein." (Gregor Auenhammer, 21.9.2018)