Einmal in die Welt gesetzt, geht sie nicht mehr weg. 6,4 Millionen Leser weniger seit 2013: Die Zahl, mit der der Börsenverein des Deutschen Buchhandels durch seine auf Deutschland gemünzte Studie "Buchkäufer – quo vadis?" für Aufregung gesorgt hat. Viel wurde nach ihrer Publikation diskutiert und gefragt, was es bedeute, wenn die Menschen weniger lesen und ob dem tatsächlich so sei.
Thomas Zehetner, Österreich-Chef von Thalia nimmt Letzteres als gegeben an. Zumindest, dass die Menschen weniger Bücher lesen, davon geht er aus. Zeit zu handeln, um "die Menschen wieder zum Lesen zu bringen", sagt er. Und in die Geschäfte. Mit welchen Ideen man die Leser wieder locken will, wurde im Museum Moderner Kunst (mumok) im Wiener Museumsquartier vorgestellt, "einem Ort zwischen Tradition und Moderne".
Wie es um die Buchhändler steht
Doch ist es um die Buchhändler tatsächlich so schlecht bestellt? Einiges deutet darauf hin, dass es der Branche schon einmal besser ging. Die Umsätze sind in den letzten zehn Jahren um neun Prozent geschrumpft. 2017 waren sie um 1,5 Prozent rückläufig, um 3,7 Prozent weniger Bücher gingen über den Ladentisch. Der größte Buchverkäufer in Österreich ist mittlerweile Amazon. Der Onlineanteil im Buchhandel liegt bei rund einem Viertel. Der stationäre Handel selbst ist fragmentiert, zahlreiche Kleinere haben zugesperrt, geschätzte 5000 Menschen sind im Buchhandel angestellt. Auch bei Thalia Österreich, mit 800 Mitarbeitern und 35 stationären Geschäften die größte Buchhandelskette hierzulande, sind die Erlöse im Geschäftsjahr 2016/17 leicht von 128,8 auf 125,6 Millionen Euro zurückgegangen. Die Geschäftszahlen veröffentlicht der Marktführer demnächst. Was Zehetner sagen kann: Heuer sind die Umsätze zumindest stabil.
Und was muss nun in den Augen eines Buchhandelsriesen passieren, damit die Menschen wieder mehr zum Buch greifen? Zunächst einmal setzt Thalia auf Marketing. Mit dem neuen Slogan "Welt, bleib wach" will man Aufmerksamkeit erregen und "wachrütteln". Einer lautet "Donald Trump liest nicht gern", ein anderer "Buch verschlingen, statt Essen posten". Den Menschen geistiges Slow Food schmackhaft machen will man gewissermaßen, denn die Menschen würden immer mehr Junkfood konsumieren, wie Zehetner konstatiert und "ihren Geist zunehmend mit hochdosierten Nichtigkeiten", füllen, wie es in einem Imagefilmchen heißt.
Zu viele schlechte Bücher
Die Filialen sollen mit Cafés, Lese- und Spielecken für Kinder und Events die Kunden anziehen, ein Tag der Woche wird zum Lesetag ausgerufen. 100 Millionen Euro nimmt das deutsche Unternehmen in die Hand.
Kurt Lhotzky, Betreiber einer kleinen Buchhandlung namens Literaturbuffet im zweiten Wiener Bezirk hat eine etwas andere Vorstellung davon, was eine Buchhandlung für Kunden attraktiv macht. Es gäbe viel zu viele Bücher auf dem Markt, vor allem zu viele schlechte, sagt Lhotzky. Lieber verzichte er auf den einen oder anderen Dan Brown oder Thilo Sarrazin in seinem Angebot, und setze dafür auf gute aber weniger bekannte Namen. Vor Amazon fürchtet Lhotzky sich nicht, denn so rasch wie der Online-Riese könne er Gewünschtes allemal beschaffen. Er sieht sich als literarischer Nahversorger. Sein Credo: "Man darf keine Angst haben, gute Bücher zu verkaufen." (Regina Bruckner, 22.9.2018)