Prince Sexy Rogers Motherfucker Nelson starb im April 2016 an einer Überdosis Schmerzmittel. Sein umfangreicher Nachlass wird derzeit durchforstet. Mit vielen weiteren Veröffentlichungen ist definitiv zu rechnen.

Foto: The Prince Estate

Wien – Prince setzt sich ans Gerät, sagt "turn the lights down" und legt los, aber hallo. 17 Days heißt der Song und eröffnet das erste Album, das nun nach dem tragisch frühen Tod von Prince 2016 veröffentlicht wird. Es heißt wie seine finale Tour: Piano & A Microphone. Die Aufnahmen datieren aus dem Jahr 1983. Damals war Prince schon Prince, aber noch nicht der Weltregent, als der er im Jahr darauf in die Musikgeschichte eingehen sollte. Da erschien Purple Rain.

Das Titellied folgt auf dem jetzt erschienenen Album als zweiter Song. Hier ist es noch ein Fragment, nicht der die Welt erobernde Schmachtfetzen. Des Princens Finger überlegen noch, betasten die Tasten, warten ab, was passiert: Noch muss er den Song nicht fertig haben. Nahtlos geht es weiter zu A Case Of You, es folgt das Spiritual Mary Don't You Weep.

Prince

Das Album ist ein Fund aus dem Nachlass des mit 57 Jahren an einer Überdosis Schmerzmittel gestorbenen Musikers. Es dauert eine knappe halbe Stunde, und man meint, stellenweise ein wenig Rauschen zu vernehmen, kleine Imperfektionen des Bandes, das 35 Jahre irgendwo lagerte. Doch das macht nichts. Der Reiz dieses Werks liegt in dem Blick durchs Schlüsselloch, den es gestattet.

Prince in vollem Saft

Man hört Prince Sexy Rogers Motherfucker Nelson aus Minnesota in vollem Saft. Selbstvergessen, ohne Publikum – bis auf die Personen, die im Studio waren, seinem zweiten Wohnzimmer. Es bestätigt die gängige Geniebehauptung, aber das überrascht nicht. Prince war ja ein musikalisches Kraftwerk, der sich jedes Instrument mittels Blickkontakt aneignen konnte – so ungefähr halt.

Hier, in diesem so privat wirkenden Setting, lässt er sich gehen. Entfällt ihm ein Text oder ist der noch nicht fertig, improvisiert er. Prince scattet, hustet Beats zur rhythmischen Unterstützung, zieht an einer Stelle seinen Rotz hoch – und versenkt sich wieder in einen Song. Seine Finger rollen über das Instrument, suchen und finden neuralgische Punkte. In Zusammenhang mit der libidinösen Aura des Meisters erscheint das als durchaus sinnlicher Akt: ein Vorspiel, so wie er sich rollt und tollt. Das steigert sich in Cold Coffee and Cocaine ins Verbotene hinein. Hier wäre der Schlussstrich gut gesetzt gewesen. Doch es folgt noch Why The Butterflies – ein Song, der mit sechseinhalb Minuten bei wenig Abwechslung etwas abfällt.

Various Artists - Topic

Das Überraschende an dieser Veröffentlichung ist seine ungewöhnliche Wahl. Nicht die üblichen Alternative Takes wurden ausgegraben, sondern ein fürs Gesamtwerk wenig repräsentatives Fundstück. Umso erstaunlicher entfacht es seine Wirkung. (Karl Fluch, 22.9.2018)