Der Berater Arno Breuer verkauft seinen Kunden "Lehman" Zertifikate, obwohl sein Bauchgefühl ihm davon abrät.

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Mit einem Film ist es ein bisschen wie mit Finanzzertifikaten. Man weiß vorher nicht, was man bekommt – ob man gewinnt oder verliert. Deshalb gibt es, genau wie es TV-Tagebuchschreiber gibt, Bankberater. Sie sollen die Finanzprodukte überprüfen und den Kunden erklären, was die Vorteile sind und sie über Risiken aufklären. Sollte man meinen. Das Dokudrama Lehman. Gier frisst Herz (Sonntag, 21.45 Uhr auf ARD) zeigt eine andere Realität.

Alt und dumm

Es beginnt in Frankfurt am Main, vier Monate vor der Pleite der US-Investmentbank Lehman Brothers am 15. September 2008, mit Arno Breuer (Joachim Król), dem symphatischen, in die Jahre gekommenen Bankberater. Er kennt seine Kunden seit Jahrzehnten. Die neue Chefin setzt ihm ein Ultimatum: Entweder er verkauft die unsicheren Zertifikate, oder er fliegt raus. Seine Kunden vertrauen ihm blind. Sie sind mit ihm gealtert und fallen – Zitat – unter die Kategorie "A&D – alt und dumm". Sie fragen nach der Sicherheit der Anlagen, Breuer versichert sie ihnen, sie unterschreiben – und verlieren alles.

Das Dokudrama basiert auf Geschichten von Betroffenen. Fiktive Szenen wechseln mit Interviews mit Bankbeamten, Ex-Vorständen von Lehman Deutschland und Kunden.

Lehman. Gier frisst Herz setzt nicht auf Zwischentöne. Der Film ist plakativ: Die Berater haben falsch gehandelt, egal ob ihr Beweggrund Gier war oder ob nicht auch andere Motive im Spiel waren. Er bleibt an der moralisierenden Oberfläche. Für Erklärungen ist keine Zeit, denn es geht Schlag auf Schlag. Wer wartet, verliert, heißt es in einer Szene. Wer kein Vorwissen hat, verliert bei dem Film leider auch – aber wollen Sie meinem Urteil wirklich vertrauen? (Nadine Zeiler, 23.9.2018)