Lebenslust, das ist, womit David Hockneys Motivwelt am häufigsten assoziiert wird. Etwa bei jenen Werken, in denen er ab Mitte der 1960er-Jahre den Californian Way of Life schilderte: in der für ihn charakteristischen heiter-plakativen Weise mit kräftigen Farben. Mal sind es Bungalows mit manikürtem Rasen und präzise positionierten Sprinkleranlagen, dann wieder sonnendurchflutete Interieurs oder Landschaften. Dazu die Sequenzen mit Swimmingpools, dem bevorzugten Motiv des Briten, der einige Jahre in Kalifornien lebte und lehrte.

Diese Sujets gehören zu den weithin bekanntesten und bei Kunstsammlern beliebtesten. Nicht nur, aber auch, weil sie vom leicht verständlichen Stil pseudo-naturalistischer Pop-Art profitieren. Hier kann, muss aber nichts interpretiert werden.

Reminiszenz an eine leidenschaftlichen Beziehung: "Porträt of an Artist (Pool with Two Figures)" zeigt David Hockney schwimmend, am Rand des Pools steht sein einstiger Lebensgefährte Peter Schlesinger, von dem er damals schon getrennt war.
Foto: Christie's Images Ltd

Auf dem Kunstmarkt steuert der 81-jährige Künstler nun auf seinen Zenit zu. Seit 2015 stieg der weltweit von Auktionshäusern jährlich eingespielte Umsatz unaufhörlich: von 15,21 Millionen Dollar (2015) auf zuletzt 36,46 Millionen Dollar (2017).

Die damit einhergehende Wertsteigerung ist laut Artprice stattlich: Hätte man im Jahr 2000 100 Dollar in eine fiktive Hockney-Aktie investiert, läge ihr Wert derzeit bei 351 Euro (ein Plus von 251 Prozent).

261 Besitzerwechsel

Allein die seit Anfang des Jahres verzeichneten 261 Besitzerwechsel schlugen sich bereits mit stattlichen 66,78 Millionen Dollar zu Buche. Eine Summe, die sich in den nächsten Wochen zumindest verdoppeln, wenn nicht verdreifachen könnte. Der Grund ist ein Gemälde aus dem Jahr 1972: Portrait of an Artist (Pool with Two Figures).

Christie's bezifferte die Erwartungen mit 80 Millionen Dollar, netto, exklusive Aufgeld des Auktionshauses. Damit würde Hockney zum teuersten lebenden Künstler geadelt. Derzeit hält Jeff Koons diesen Titel, gefolgt von Gerhard Richter: 52 Millionen Dollar netto für Koons Balloon Dog (Orange) (2013: Christie's New York), 41,4 Millionen Dollar für Abstraktes Bild von 1986 (2015: Sotheby's London).

Den bisherigen Hockney-Höchstwert darf sich seit Mai Sotheby's an die Fahnen heften, als sein Pacific Coast Highway and Santa Monica (1990) 25 Millionen Dollar (netto) einspielte. Dieses Bild war zuvor Leihgabe in der Retrospektive, die vergangenes Jahr von der Tate Britain zum Centre Pompidou und zum Metropolitan Museum of Art tourte. Und dort gastierte auch Portrait of an Artist, das den Rekord von Mai nun mehr als verdreifachen soll.

Die Formel des Schätzwertes

Ein realistisches Szenario, wissen Insider, wenngleich sich die Allgemeinheit fragt, welche Formel einem solchen Schätzwert zugrunde liegt. In der Art: Auktionsrekord des Künstlers mal Retrospektive hoch Relevanz im Gesamtwerk. Tatsächlich ist es eine Melange aus genannten Faktoren und dem wichtigsten Aspekt: ob vergleichbare Arbeiten, die für die Quintessenz einer Werkperiode stehen, auf dem freien Markt verfügbar wären. Ein "Nein" fungiert als weiterer Indikator.

Dazu kommt, dass es ein bekanntes Werk ist, das Hockney im Pool schwimmend mit seinem ehemaligen Lebensgefährten Peter Schlesinger am Poolrand stehend zeigt. Der legendäre Dokumentarfilm A Bigger Splash (1971, Jack Hazan) zeigt teils die Entstehung.

Das Gemälde spielte auch in Jack Hazans legendärem Dokumentarfilm "A Bigger Splash" (1971) eine Rolle: Zu sehen ist, wie David Hockney die ursprünglich für eine Ausstellung in New York vorgesehene Fassung mit einem Messer gänzlich zerstört und an dem nun zur Versteigerung kommenden Gemälde zu malen beginnt.
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Fantastische Preise

Es handle sich um eines der fünf wichtigsten Werke von Hockney, betont Alexander Rotter. Zuletzt hätten schon einst schwer verkäufliche Landschaften und Drucke enorme Preise erzielt. Als weitere Richtwerte nennt der Christie's Chairman (Post War & Contemporary Art America) den De- Kooning-Rekord (Christie's 2016: Untitled XXV (1977), 59 Mio. Dollar netto) und jenen von Basquiat (Sotheby's 2917: Untitled (1982), 98 Mio. Dollar netto). Fazit: Die Zeit sei reif, dass ein fantastisches Werk von David Hockney ebenfalls einen fantastischen Preis erzielt. Und der liege laut Rotter derzeit zwischen 60 und 120 Millionen Dollar. Wenn nicht sogar darüber. 80 Millionen seien ein guter Anfang und für die anvisierte Klientel jedenfalls verführerischer als 100 Millionen. (Olga Kronsteiner, 22.9.2018)