Berlin/Hannover/Gerlingen – Die deutsche Bundesregierung wird einem "Handelsblatt"-Bericht zufolge ihr Ziel verfehlen, bis 2020 insgesamt eine Million Elektro-Autos auf die deutschen Straßen zu bringen. "Ausgehend von der derzeitigen Marktdynamik verschiebt sich das Eine-Million-Ziel voraussichtlich auf 2022", zitierte die Zeitung aus dem neusten Fortschrittsbericht der Nationalen Plattform Elektromobilität (NPE).

Wenig geeignete Modelle

Gründe dafür seien unter anderen Verzögerungen bei der Einführung des Umweltbonus, die mangelnde Verfügbarkeit geeigneter Auto-Modelle sowie die späte Umsetzung des Förderprogramms zum Aufbau der Ladeinfrastruktur. Der Bericht soll noch am Mittwoch Bundeskanzlerin Angela Merkel übergeben werden.

Die Zulassungszahlen von Elektrofahrzeugen blieben bisher hinter den Erwartungen zurück. So wurden noch Expertenangaben 2016 gut 25.000 E-Autos neu zugelassen, 2017 rund 54.500.

Diesel bei Nutzfahrzeugen schwer ersetzbar

Jedes vierte Nutzfahrzeug wird im Jahr 2030 nach Einschätzung des Zulieferers Bosch elektrisch angetrieben sein. In China werde es sogar nahezu jeder dritte Transporter sein, teilte Bosch am Mittwoch mit. Gleichzeitig bleibe der im Abgasskandal unter Druck geratene Dieselmotor entscheidend: noch 2025 werden laut Bosch zwischen 80 und 90 Prozent aller Nutzfahrzeuge als Selbstzünder unterwegs sein.

"Die Entwicklung des Nutzfahrzeugantriebs wird noch lange ein Mehrkampf bleiben. Wir tun gut daran, auch seine Elektrifizierung technologisch offen anzugehen", sagte Rolf Bulander, Chef der Bosch-Kfz-Sparte. "Wer die Zukunft des Schwerlastverkehrs sichern will, darf auch die Herstellung alternativer Kraftstoffe aus regenerativem Strom, sogenannter eFuels, nicht außer Acht lassen", betonte er. Die Automatisierung des Lkw-Fahrens löse weitere Probleme der Branche: schon jetzt fehlten in den USA 50.000 Trucker, in zehn Jahren vermutlich dreimal so viele.

Bosch rechnet mit Wachstum

Die Bosch-Mobilitätssparte peilt im laufenden Jahr ein Umsatzwachstum von voraussichtlich vier Prozent an. Jeden vierten Euro erwirtschafte Bosch mit Technik für Nutzfahrzeuge. Zu den 78 Mrd. Euro Gesamtumsatz im vergangenen Jahr hatte die Sparte allein 47,4 Mrd. Euro beigesteuert.

Der weltweit größte Autozulieferer Bosch rechnet für sein Hauptgeschäftsfeld "Mobility Solutions" unter anderem dank starker Nachfrage nach Nutzfahrzeugtechnik jedenfalls mit einem deutlichen Wachstum. Der Umsatz werde 2018 voraussichtlich um vier Prozent steigen und damit doppelt so stark wie die weltweite Automobilproduktion, teilte Bosch am Mittwoch auf der Messe IAA Nutzfahrzeuge in Hannover mit.

Starkes Off-Road Geschäft

Besonders stark wachse das Geschäft mit Lösungen für Lkw und Offroad-Fahrzeuge, das sieben bis acht Prozent mehr Erlös einbringe. Dabei seien Diesel-Einspritzsysteme besonders gefragt, vor allem in China. In den kommenden Jahren werde sich dieses Geschäft auf hohem Niveau stabilisieren. Die Sparte steuerte im vergangenen Jahr mit gut 47 Mrd. Euro rund 60 Prozent zum Gesamtumsatz des Stiftungskonzerns bei.

Angesichts des weiterhin stark wachsenden Güterverkehrs erklärte Bulander, es sei die drängendste Frage der Verkehrspolitik, wie Umwelt, Menschen und Straßennetz trotz des erwarteten Anstiegs um 50 Prozent bis 2040 geschont werden könnten. Dazu sei es notwendig, den Güterverkehr auf Elektroantriebe und autonomes Fahren umzustellen und ihn besser zu vernetzen. Nach Einschätzung von Bosch werden bis 2025 noch 80 bis 90 Prozent der Nutzfahrzeuge mit Dieselmotoren unterwegs sein. Bis 2030 werde jedoch schon jedes vierte Fahrzeug mit Strom fahren. (APA, dpa, Reuters, 19.9.2018)