In Österreich und Deutschland wird bei rund jedem achten Erwachsenen im Laufe seines Lebens eine Depression diagnostiziert. Das deutsche Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) hat nun untersucht, ob es für Teilnehmer eines Screenings Vor- oder Nachteile haben könnte, wenn beispielsweise Hausärzte einen Test auf Basis eines Fragebogens anbieten, der Hinweise auf eine Depression geben kann.

Ein Vorteil könnte sein, dass die Diagnose frühzeitig gestellt und eine Therapie begonnen werden kann. "Nutzen und Schaden sind weiterhin unklar. Somit fehlt weiterhin die wissenschaftliche Grundlage, um eine solche Reihenuntersuchung einzuführen", heißt es nun im IQWiG-Bericht.

Screening kann auch schaden

Eine (unipolare) Depression verläuft meist in Episoden: Es kann Phasen mit wenigen oder keinen Beschwerden geben, gefolgt von Phasen, in denen die Symptome, vor allem Niedergeschlagenheit und Antriebslosigkeit, erneut auftreten oder sich verstärken können. Durch ein Screening ließe sich etwa verhindern, dass sich die Betroffenen dauerhaft aus dem sozialen Leben zurückziehen oder arbeitsunfähig werden.

Einen Schaden könnte das Screening allerdings verursachen, wenn der Test ein sogenanntes falsch-positives Ergebnis ergibt, also eine Depression anzeigt, die Betroffenen aber gar nicht erkrankt sind. Der Befund könnte sie emotional unnötig belasten. Womöglich haben sie unter den Nebenwirkungen von Medikamenten zu leiden, die sie gar nicht brauchen.

Nur wenige westliche Länder haben Screening

Im IQWiG-Bericht wurden insgesamt sieben prospektive Interventionsstudien berücksichtigt. Generelle Aussagen zum Nutzen eines Screenings auf Depressionen ließen sich daraus aber nicht ableiten, betonen die Experten. Denn entweder unterschieden sich die Ergebnisse zwischen Teilnehmern und Nicht-Teilnehmern des Screenings gar nicht oder die Unterschiede waren zu gering, um medizinisch relevant zu sein.

Dass einige Gremien und Fachgesellschaften in den USA ein Screening auf Depressionen empfehlen, sieht Stefan Sauerland vom IQWiG nicht als Widerspruch: "In kaum einem westlichen Land sucht man aktiv mittels Screening nach Depressionen, weil die Datenlage hierfür nicht ausreicht."

Die Empfehlung in den USA beziehe sich zudem nicht auf das Screening allein, sondern auf eine Gesamtstrategie, die sicherstellt, dass alle Personen mit einem "positiven" Testergebnis auch angemessen medizinisch versorgt werden können. "Im Übrigen gibt es auch zu Nutzen und Schaden der zurzeit stark propagierten Screening-Apps bislang keine Evidenz", ergänzt Sauerland. (red, 19.9.2018)