Am Rande der Demos gegen den FPÖ-nahen Akademikerball kam es laut Augenzeugen zu einem "regelrechten Überfall" auf linke Demonstranten

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Sind die Mitglieder der Polizeieinheit gegen Straßenkriminalität (EGS) bei der Razzia im Verfassungsschutz brutal vorgegangen? Wurde die Einheit ausgewählt, weil sie auch aufgrund ihres Leiters Wolfgang Preiszler, eines FPÖ-Gemeinderats, eine politische Schlagseite nach rechts hat? Diese Fragen werden am Dienstag und Mittwoch im parlamentarischen Untersuchungsausschuss zur BVT-Affäre untersucht werden. Insgesamt vier Polizisten der EGS, darunter Preiszler selbst, werden vor den Abgeordneten Platz nehmen.

Es ist nicht das erste Mal, dass Polizisten der EGS eine rechtslastige Ideologie und Brutalität vorgeworfen wird. So kam es im Zusammenhang mit dem Akademikerball 2016 zu einem Gerichtsprozess gegen fünf antifaschistische Demonstranten wegen Widerstands gegen die Staatsgewalt. Im Verlauf der Verhandlung wurden jedoch Vorwürfe gegen die betroffenen Polizisten in Zivil geäußert.

So gaben die Angeklagten, die allesamt freigesprochen wurden, an, von Beamten "geschlagen und massiv bedroht" worden zu sein. Recherchen des STANDARD zeigen, dass es sich dabei um Mitglieder der EGS gehandelt hat. Mindestens sechs von ihnen waren auch bei der Razzia im BVT dabei.

"Unerklärbar und brutal"

Die Journalistin Cathrin Kahlweit, damals Korrespondentin der Süddeutschen Zeitung in Wien, gab vor Gericht an, dass die Polizisten "sehr martialisch gekleidet" waren und "ungewöhnlich rabiat" vorgingen. Sie selbst soll beschimpft worden sein, etwa als "scheiß Kuh". Kahlweit solle zu "ihrer scheiß Merkel nach Hause gehen", sagte einer der Polizisten. Ein Demonstrant gab an, ein EGS-Beamter habe ihm gedroht, "ganz anders" zu können, etwa "in den Wald zu fahren und mir dort alle Knochen zu brechen".

Kahlweit bestätigte vor Gericht, diese Aussage auch selbst gehört zu haben. Zum STANDARD sagt sie, dass sie während ihrer Zeit als Korrespondentin in Österreich Derartiges nie erlebt hat, auch nicht bei Akademikerball-Demos selbst. Das Vorgehen der Polizisten sei "unerklärbar und brutal" gewesen, es wirkte auf Kahlweit, als würden die Polizisten die Demonstranten "regelrecht überfallen". Das Verhalten der EGS-Polizisten beschreibt Kahlweit im Rückblick als "lustvoll aggressiv".

Gericht zweifelte Hergang an

Das Gericht schreibt in seinem Urteil, dass sich durch Aussagen der Zeugen, aber auch der Beamten "objektive Zweifel an der Richtigkeit" der Darstellung der EGS-Mitarbeiter ergeben haben. "Aus dem gesamten Verfahren hat sich kein Grund ergeben, warum sich ausgerechnet die bislang unbescholtenen Angeklagten" – gemeint sind die linken Demonstranten – "zusammengeschlossen haben sollten, um gezielt gegen Polizisten tätlich vorzugehen."

Aus Aktenvermerken zur Hausdurchsuchung beim BVT geht hervor, dass mehrere EGS-Beamte sowohl im Prozess gegen antifaschistische Demonstranten aussagten als auch bei der Razzia im Verfassungsschutz dabei waren. Momentan prüft die Staatsanwaltschaft Korneuburg, ob es bei den Hausdurchsuchungen zur Nötigung gekommen ist. So fühlten sich mehrere BVT-Mitarbeiter von ihren EGS-Kollegen bedroht und unter Druck gesetzt. Die Auswahl der EGS und deren Verhalten sind zwei der wichtigsten Untersuchungsgegenstände des U-Ausschusses.

Auswahl für Razzia

Die EGS wird eigentlich nicht für Hausdurchsuchungen eingesetzt, sie wurde der Staatsanwaltschaft vom Generalsekretär im Innenministerium, Peter Goldgruber, vorgeschlagen. Goldgruber ist seit Jahren mit EGS-Chef Preiszler bekannt. Oppositionspolitiker befürchten, dass die EGS ausgewählt wurde, um bei der Hausdurchsuchung Druck auf Verfassungsschutzbeamte auszuüben, die sich mit für die FPÖ problematischen Themen beschäftigen – etwa im Bereich Rechtsextremismus oder Russland-Beziehungen.

Das Innenministerium betont hingegen, die EGS sei für die Razzia ausgewählt worden, da sie keine Bezugspunkte zu den Ermittlungen aufweist. Die Oppositionsfraktionen im U-Ausschuss monieren, bislang keine vollständigen Akten zur EGS erhalten zu haben. An den ersten zwei Sitzungstagen wurde ein EGS-Polizist befragt, der die Existenz von Dokumenten bestätigte, die dem U-Ausschuss aber nicht vorliegen.

Absprachen

Der Verfassungsgerichtshof dürfte am Montag entscheiden, ob weitere Akten geliefert werden müssen. Schon im Prozess gegen antifaschistische Demonstranten kritisierte der zuständige Richter, dass die EGS-Beamten ihre Beobachtungen nicht einzeln protokollierten, sondern der Amtsvermerk von "elf der 13 am Vorfall beteiligten Beamten" verfasst wurde. Interne Ermittlungen gegen die Polizisten blieben ohne Folgen. (Fabian Schmid, 16.9.2018)