Eine Gondel entlang der Mur, die den Norden mit dem Süden der steirischen Landeshauptstadt verbinden soll; eine bienenwabenähnliche Tiefgarage, die mitten in der Innenstadt in den Boden geschraubt werden soll; und jetzt: eine Grazer U-Bahn. Wenn der Grazer Bürgermeister Siegfried Nagl mal Ideen ausbäckt, belässt er es nicht bei kleinen Brötchen.

Da muss gleich immer eine großspurige Portion Utopie dabei sein. Viele greifen sich an den Kopf, er soll doch endlich beim städtischen Hauptproblem, dem Verkehr, zuerst die Hausaufgaben machen und den vorhandenen öffentlichen Verkehr optimieren, ehe er mit Fantasierereien wie einer U-Bahn daherkommt. Es gäbe genug zu tun, um Bus und Bim in der Landeshauptstadt zu attraktivieren.

Und trotzdem: Man sollte die Nagl'schen Träumereien nicht gleich in Bausch und Bogen in die Endablage kommunalpolitischer Kuriositäten schmeißen. Graz wächst rasant. Die 300.000-Einwohner-Grenze ist erreicht, der Zuzug hält weiter an. Die Stadt braucht radikale Verkehrslösungen, wie sie schon in anderen europäischen Städten dieser Größe erprobt oder in Planung sind.

In Wien sinkt dank des attraktiven öffentlichen Verkehrs mit dem dichten U-Bahn-Netz das Autoverkehrsaufkommen bereits. Auch die "Feinstaubhauptstadt" Graz muss genau dorthin. Daher sollten all diese Ideenblasen von Gondeln, City-Tiefgaragen und U-Bahn einmal seriös auf ihre Sinnhaftigkeit, Finanzierbarkeit und Effektivität hin geprüft werden.

Das geschieht nun endlich. Ein Team von renommierten Verkehrsexperten der TU Graz wird sich Nagls Eingebungen im Detail anschauen und bewerten. Wenn die Ergebnisse vorliegen, sollte die Stadtregierung ohne Rücksicht auf die Parteifarbe und ihre jeweilige Klientel das tun, wofür deren Vertreter als Kommunalpolitiker gewählt worden sind: klug im Sinne der Stadtbewohner entscheiden. (Walter Müller, 14.9.2018)