Der Marienmarkt am Wiener Neustädter Hauptplatz, schwarzes Prestigeprojekt.

Foto: Stadt Wiener Neustadt /M. Weller

Die goldenen Zeiten von Wiener Neustadts Innenstadt sind längst vorbei. Nun ist ein weiterer Tiefpunkt Gewissheit: Die Filiale der Drogeriekette Müller in der dortigen Fußgängerzone schließt ihre Pforten – und das obwohl die Einkaufsstraße von der Stadt gerade erst um viel Geld saniert wurde.

Dabei hat die Stadt mit dem Vermieter sogar eine günstigere Miete ausverhandelt und eine Ausfallhaftung in Aussicht gestellt im verzweifelten Bemühen, einen der letzten großen Frequenzbringer in der Innenstadt zu halten. Doch alle Bemühungen waren vergeblich, weil Müller sich vertraglich zum Schließen der Filiale verpflichtet hat.

Denn die Drogeriekette betreibt auch eine Filiale im Shoppingcenter Merkur-City außerhalb der Innenstadt. Die wurde gerade renoviert und ausgebaut – Teil des neuen Mietvertrags für Müller war es, die Filiale in der Innenstadt zu schließen.

Bürgermeister "wütend und traurig"

Wiener Neustadts Bürgermeister Klaus Schneeberger – er ist auch Klubchef der ÖVP im Landtag – macht es "wütend und traurig, dass aufgrund eines Knebelvertrags mit einem Unternehmen, hinter dem ein deutscher Investmentfonds steht, der die Innenstadt ausbluten lässt, alle Bemühungen umsonst waren". Es sei "ein schwarzer Tag für die Wiener Neustädter Innenstadt sowie für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von Müller", sagt Schneeberger bei einer Pressekonferenz mit allen im Gemeinderat vertretenen Parteien.

In einem letzten Aufgebot will die Stadt das Vorgehen des Shoppingcenters "auf allen Ebenen" bekämpfen: eine rechtliche Prüfung durch die Bundeswettbewerbsbehörde, Diskussion neuer rechtlicher Rahmenbedingungen mit Bund und Land. Viel mehr als ein letzter Strohhalm dürfte das aber nicht sein.

Schwarzes Prestigeprojekt

Dass die Innenstadt nicht und nicht florieren will, ist für die Beschäftigten und die Wiener Neustädter ein schwerer Schlag, für Schneeberger ist es aber auch politisch bitter: Die Revitalisierung des Hauptplatzes und der umliegenden Fußgängerzonen war eines seiner Prestigeprojekte, nachdem er den Stadtchefsessel von seinem roten Vorgänger übernommen hatte.

Aufwendige Renovierungen und der neu geschaffene Marienmarkt am Hauptplatz waren auch möglich, weil das Geld vom Land nach der Umfärbung des Rathauses ein bisschen besser nach Wiener Neustadt floss.

All das scheint nichts geholfen zu haben, im Kampf gegen die Shoppingcenter am Stadtrand muss Wiener Neustadt einen deutlichen Verlust hinnehmen. (Sebastian Fellner, 14.9.2018)