Beide Ketten, Karstadt und Kaufhof, stehen unter Druck, die Konkurrenz von Onlinehändlern macht ihnen zu schaffen.

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Deutschlands letzten beiden großen Warenhausketten Karstadt und Kaufhof schließen sich zusammen. Der neue Einzelhandelsriese wird europaweit 243 Standorte haben und 32.000 Mitarbeiter beschäftigten. Obwohl am Dienstag von einer "Fusion unter Gleichen" die Rede war, liegen knappe Mehrheiten der Anteile am neuen Unternehmen künftig bei der Signa Holding des Tiroler Karstadt-Eigentümers René Benko.

Die Leitung des neuen Warenhauskonzerns, dessen Markenname noch nicht bekannt ist, wird von Karstadt-Chef Stephan Fanderl übernommen. Unter dem Dach der neuen Holding werden neben den Filialen von Kaufhof und Karstadt auch andere wie etwa die Karstadt-Sporthäuser, die europäischen Filialen der Outlet-Kette Saks Off 5th und eine Reihe von Internet-Anbietern vereint. Bei dem Deal erwirbt die Signa über 50 Immobilien.

Karstadt-Chef wird Gesamt-Chef

Schon seit längerer Zeit versucht der 41-jährige gebürtige Innsbrucker Immobilien- und Handelsunternehmer Benko, sich die traditionelle deutsche Warenhauskette Kaufhof unter den Nagel zu reißen. 2014 hat Signa die komplette Karstadt Warenhaus GmbH übernommen. Das Unternehmen mit seinen 79 Warenhäusern wies für das Geschäftsjahr 2016/2017 erstmals seit zwölf Jahren unterm Strich wieder einen Gewinn aus, zugeschrieben wurde dieser Erfolg vor allem Karstadt-Chef Stephan Fanderl, der dem neuen Megakonzern nun vorstehen soll.

René Benko: 41-jähriger Selfmade-Milliardär aus Tirol.
Signa

Während Karstadt einer harten Sanierung unterzogen wurde, rutschte Konkurrent Kaufhof unter dem kanadischen Eigentümer Hudson's Bay Company (HBC) immer tiefer in die roten Zahlen. Durch die Fusion der beiden Warenhausketten dürften künftig hohe Summen eingespart werden, beide Anbieter erhoffen sich eine Verbesserung ihrer Wettbewerbsposition. Billiganbieter wie Primark, Onlinehändler wie Amazon und Zalando, aber auch die großen Shoppingmalls sorgen seit Jahren für sinkenden Umsatz in Warenhäusern.

Bessere Konditionen

Die Fusion soll dem zweitgrößten Warenhauskonzern Europas nach dem spanischen Unternehmen El Corte Inglés erlauben, künftig bessere Konditionen von Lieferanten zu bekommen. Branchenkenner machen zudem Sparpotenzial in der Verwaltung und Logistik aus. Laut der Süddeutschen Zeitung sollen durch die Fusion 5000 der insgesamt 20.000 Arbeitsplätze bei Kaufhof verlorengehen.

Der Zusammenschluss der beiden Warenhäuser kommt für Janine Seitz, Handelsexpertin im Frankfurter Zukunftsinstitut, nicht überraschend. "Das Sterben der Warenhäuser ist ein Trend, den wir seit Jahren kennen", sagt sie auf Anfrage des STANDARD. "Wir bewerten den Zusammenschluss daher als notwendigen, wenn auch harten Schritt, weil wir damit rechnen, dass Filialen schließen werden und Personal abgebaut wird." Immer mehr Kunden würden auf den Onlinehandel ausweichen, ein Warenhaus, in dem es eine Fülle von Produkten unter einem Dach zu erstehen gebe, sei vom Prinzip her mit einem Onlineanbieter wie Amazon vergleichbar.

Externe Mieter

Seitz nimmt daher an, dass der neue Warenhauskonzern den "Weg der Spezialisierung" einschlagen werde. "Ich gehe davon aus, dass sich Warenhäuser künftig auf wenige Angebote spezialisieren und die restliche Fläche an externe Anbieter weitervermieten. Das werden Gastrobetriebe, Kinos oder Fitnesscenter sein", sinniert die Zukunftsforscherin. Warenhäuser würden künftig vermehrt eine spezifische Klientel ansprechen. "Ich kann mir vorstellen, dass in Warenhäusern künftig durch kuratierte Angebote gezielt Lebensstile angesprochen werden. So kann ein Warenhaus den Fokus beispielsweise auf Menschen mit besonders gesundheitsorientiertem Lebensstil legen und ein entsprechendes Angebot mit Fitnesscenter, Gesundheitsberatung, Wellness, gesunder Gastronomie und Fairtrade-Artikeln bereitstellen."

Die meist sehr gut in Innenstädten gelegenen Warenhäuser müssten künftig einen Weg finden, "die Kunden zu faszinieren". Durch speziell auf Lebensstile fokussierte Angebote mit persönlichen Beratungen könnten die Konzerne ihre Vorteile gegenüber Onlinehändlern ausspielen.
(Christoph Reichmuth aus Berlin, 11.9.2018)