"Loser-Blog?" – "Nein, Userblog" – "Loser-Blog?" – "U-ser-Blog!" Meine Tischnachbarin und ich, wir einigen uns dann auf irgendetwas dazwischen. Denn natürlich hat man dann am letzten Abend des FAQ-Festivals schon ein Glaserl getrunken und wenn nebenbei die "Healthy Boy Band" um Rachinger, Mraz und Schellhorn auftischt, muss man es mit solchen Feinheiten ja auch nicht mehr ganz so genau nehmen. Nach Instant Suppe, "Zwetschkenfick" und anderen pubertär-kulinarischen Leckerbissen findet sich dann auch noch einmal Zeit, den Festival-Abschluss gedanklich Revue passieren zu lassen.

Berlin versus Andelsbuch

Der letzte Tag steht unter der Frage "Gehört sich das?" und es wird noch einmal heiß diskutiert. Heiß ist es zunächst aber vor allem deswegen, weil es dem Veranstaltungsraum an Luftzufuhr mangelt. Das Gespräch zwischen Heide Schmidt, Kaspanaze Simma und Annie O. hingegen mag nicht so recht zünden, dafür nimmt die Beschreibung der eigenen Lebensläufe zu viel Zeit in Anspruch. Vor allem Simma ist kaum zu bremsen, auch wenn Moderatorin Alexandra Föderl-Schmid immer wieder ihr Bestes tut, ihn einzufangen.

Derweil sticht DJane Annie O. nicht nur modisch aus der Runde heraus, will sie sich doch partout nicht auf eine politische Diskussion einlassen. Der Punkt der Politisierung sei bei ihr eben (noch) nicht erreicht, in der "Berliner Party-Blase" gebe es schließlich keinen Rassismus. Mehrere Versuche von Schmidt und auch aus dem Publikum sie wachzurütteln, misslingen. Sie fühle sich ein bisschen fehl am Platz, verteidigt sich O. – und das ist jetzt schon ein interessanter Moment, der ein bisschen an die elterlichen Versuche erinnert, dem eigenen Kind das Gemüse schmackhaft zu machen.

Tabubrüche und Rauchergesetze

So kommen wir auch schon zum letzten Talk des Festivals, den Christian Seiler mit Markus Hanzer, Maria Hofstätter, Gerald Matt und Robert Pfaller führt – und da wird’s dann nicht nur heiß, weil die Diskutanten in der prallen Sonne sitzen. Matt vertritt beispielsweise die Meinung, man müsse Kunstwerk und Künstlerleben getrennt betrachten. Kevin-Spacey-Filme müsse man schauen (oder drehen) dürfen, wenngleich dem Privatmensch der Prozess gemacht gehöre. Außerdem: weg mit der "neuen Lustfeindlichkeit", Schluss mit der "Ausweitung der Skandalzone". Die Reaktionen aus dem Publikum zeigen: Emotionalisierung gelungen.

Pfaller nimmt sich indes das Rauchverbot vor. Wann könne man denn mal gepflegt "auf den Tod pfeifen", wenn nicht mit einer Zigarette. Überhaupt Rauchen, das sei schon immer Zeichen einer jugendlichen Devianz, mehr noch, einer gesunden Ich-Werdung. Und das wolle die Politik einem nehmen? Bitte nicht. Ob es nun an seiner Eloquenz, oder seiner Sonnenbrille liegt, die er während des ganzen Gesprächs nicht abnimmt – ich Nichtraucher jedenfalls bekomme Lust, mir auch eine anzustecken. Auch schön, wie Hofstätter ihren vermeintlichen Tabubruch aus Seidls "Paradies: Glaube" hinterfragt: "Jesus hassen, darf man, aber Jesus lieben, nicht?"

Auf Wiedersehen, FAQ!

Somit neigt sich das FAQ dem Ende zu und wie die meisten Programmpunkte war auch dieser wieder ausverkauft. Man kann den Machern, Beteiligten und Helfern nur ein riesiges Kompliment machen, was sie hier für ein vorzügliches Menü zusammen gestellt haben. Ein klitzekleines bisschen mehr Schärfe hätte es vielleicht vertragen, einen musikalischen Beitrag beispielsweise, der überhaupt nicht in den FM4-Kosmos passt, oder eine Keynote, an der sich die positiv-idyllischen Geister scheiden. Aber mit der Schärfe ist das ja immer so eine Sache. Und hey, "Potentiale für eine gute Zeit"? Aber ganz sicher! Es lässt sich Einiges mitnehmen aus diesen vier Tagen. Zumal mit dem Köhlmeier-Gespräch auch ein echtes Gourmet-Stück dabei war, an dessen Erinnerung man sich noch länger erfreuen dürfte. Also: Gratulation, Danke und bis zum nächsten Jahr! (Clemens Bruno Gatzmaga, 10.9.2018)

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