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"Es gibt derzeit nur ein Hindernis für schlechte Politik und Machtmissbrauch, und das ist Eure Stimme", sagte Ex-Präsident Obama vor den anstehenden Kongresswahlen.

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Die ehemalige Außenministerin Madeleine Albright hält den aktuellen US-Präsidenten für den "undemokratischsten Präsident in der modernen Geschichte der USA".

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Washington – US-Präsident Donald Trump will den anonymen Gastbeitrag in der "New York Times", der sich kritisch mit ihm und seiner Regierung befasst, zu einem Fall für die obersten Justizbehörden machen. Trump sagte am Freitag vor Journalisten an Bord der Air Force One, er werde Justizminister Jeff Sessions auffordern zu untersuchen, wer den Artikel verfasst habe. Die Kolumne sollte als Angelegenheit der nationalen Sicherheit behandelt werden.

Dem Artikel zufolge arbeiten Teile der US-Regierung insgeheim gegen Trump, um Schaden von den USA abzuhalten. Die Zeitung veröffentlichte den Text am Donnerstag mit dem Hinweis, dass es sich bei dem Autor um ein hochrangiges Regierungsmitglied handle. In dem Beitrag wird beschrieben, wie Mitarbeiter Teile von Trumps dessen Politik blockierten. Die Wurzel des Problems sei die Unmoral Trumps. "Es mag in dieser chaotischen Zeit vielleicht nur ein schwacher Trost sein, aber die Amerikaner sollen wissen, dass Erwachsene im Raum sind."

Trump hatte den Gastbeitrag bereits feige genannt. Nun legte er nach und sagte, er erwäge Schritte gegen die Zeitung.

Kritik von Obama und Albright

Der frühere US-Präsident Barack Obama übte in einer Brandrede scharfe Kritik an seinem Nachfolger. Obama warf den regierenden Republikanern vor, die Demokratie zu gefährden, das Land zu spalten, internationale Bündnisse zu untergraben und mit Russland auf Schmusekurs zu gehen.

Bei einem Auftritt an der Universität des Bundesstaats Illinois unterstrich er die Bedeutung der Wahlen. "Es gibt derzeit nur ein Hindernis für schlechte Politik und Machtmissbrauch, und das ist Eure Stimme", rief der zur Partei der Demokraten gehörende Ex-Präsident seinen Zuhörern zu. "Solltet ihr gedacht haben, dass Wahlen keine Rolle spielen, dann hoffe ich, dass die beiden vergangenen Jahre diesen Eindruck korrigiert haben", sagte er. "Die Politik der Spaltung und des Ressentiments und der Paranoia haben leider in der Republikanischen Partei ein Zuhause gefunden." Trump sei nicht die Ursache, sondern nur das Symptom dieser Entwicklung.

Ähnliche Vorwürfe äußerte US-Außenministerin Madeleine Albright: Trump spalte das Land und unterlaufe die Demokratie. "Er ist der undemokratischste Präsident in der modernen Geschichte der USA", sagte Albright am Freitag in Washington bei einer Diskussionsrunde zu ihrem neuen Buch "Faschismus. Eine Warnung". Trump halte nichts von institutionellen Strukturen und sehe etwa die Medien als Feinde des Volkes. "Dagegen müssen wir etwas unternehmen", mahnte die 81-Jährige. Trump versuche, die USA als Opfer darzustellen. "Er sagt, dass uns alle ausnutzen – vor allem Ausländer und Immigranten", beklagte sie.

Albright verwies auch auf einen Wahlkampfauftritt Trumps am Donnerstagabend (Ortszeit) in Billings im US-Bundesstaat Montana, wo der Präsident seine Anhänger gedrängt hatte, bei den anstehenden Halbzeitwahlen im November ihre Stimme abzugeben. Andernfalls seien sie Schuld, wenn es zu einem Amtsenthebungsverfahren gegen ihn komme. Albright sagte dazu, dies sei ein eigenartiges Demokratieverständnis.

Steigende Besorgnis

Mit Blick auf die Entwicklung in den USA sagte Albright: "Ich bin besorgt, dass wir Demokratie als gegeben ansehen." Sie betonte: "Ich mache mir Sorgen – und zwar jeden Tag mehr."

In ihrem Buch analysiert Albright unter anderem, welche Ähnlichkeiten aktuelle antidemokratische Kräfte mit dem Faschismus des 20. Jahrhunderts haben. Manch einer nenne ihr Buch alarmistisch, sagte Albright. "Das soll es auch sein." Die Lage sei ernst. Albright war von 1997 bis 2001 Außenministerin der USA – als erste Frau in diesem Amt.

Ein Hashtag reicht nicht

Obama rief seine Zuhörer dazu auf, ihre Stimme abzugeben. Mit Blick auf die zweijährige Amtszeit Trumps sagte er: "Wenn ihr denkt, dass Wahlen keine Rolle spielen, dann hoffe ich, dass die vergangenen zwei Jahre diesen Eindruck korrigiert haben." Obama fügte hinzu: "Ihr müsst mehr machen, als einen Hashtag zu retweeten. Ihr müsst wählen."

"Die Behauptung, dass alles gut wird, weil es Leute im Inneren des Weißen Hauses gibt, die heimlich den Anweisungen des Präsidenten nicht folgen – das ist keine Kontrolle", sagte Obama. "Das ist nicht, wie unsere Demokratie funktionieren soll." Diese Menschen seien nicht gewählt. "Sie erweisen uns keinen Dienst, indem sie 90 Prozent des verrückten Zeugs vorantreiben, das aus diesem Weißen Haus kommt, und dann sagen: 'Keine Sorge, wir verhindern die anderen 10 Prozent.'" Das sei nicht normal. "Das sind außergewöhnliche Zeiten", mahnte er, "und es sind gefährliche Zeiten." (APA/Reuters, 7.9.2018)