Fast wäre es der Wirtschaftskammer gelungen, einen Aufreger zu liefern. Die (böse) EU wolle gerade den Gastronomen verbieten, Geld fürs Leitungswasser zu verlangen. Was Wirte ärgert und Konsumenten freut, hat vor allem einen Haken: Am Vorstoß aus Brüssel ist wenig bis nichts dran. Es mag zwar gut klingen, auf die EU wegen Überregulierung einzuhauen, doch in diesem Fall stand die Kammer der Dichtung näher als der Wahrheit.

Dabei ist die Verärgerung der Gäste durchaus verständlich, wenn ihnen in Wiener Ringstraßencafés 1,50 Euro für das Glas Wasser abgenommen werden. Einer Regulierung bedarf es deshalb noch lange nicht, solange niemand wegen versiegender Quellen verdurstet. Es wäre völlig daneben, würde sich der Gesetzgeber da einmischen. Die Zeiten, als Preise für Semmel und Liter Milch festgesetzt wurden, sind Gott sei Dank vorbei.

Realitätsnahe Konsumenten haben sich ohnehin längst daran gewöhnt, dass das Wort gratis in der Wirtschaft keinen echten Platz hat. Wer Google kostenlos nutzt, zahlt mit Daten, die er oder sie preisgibt. Beim Handy um null Cent verdient der Verkäufer am höheren Monatstarif usw.

Oft sind die nervenden Extrakosten sogar äußerst fair. Die vielgescholtenen Kofferaufschläge beim Fliegen etwa verhelfen Personen, die ohne Gepäck reisen, zu günstigeren Tickets. Ähnlich ist es beim Wasser. Wer dafür nichts kassiert, wird die anfallenden Kosten anderweitig verrechnen. (Andreas Schnauder, 4.9.2018)