Albin Kurti ist – wie auch andere Parteiführer – gegen Grenzänderungen.

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Prishtina/Belgrad – Am Dienstag fand im kosovarischen Parlament eine Sondersitzung statt. Es ging um die Idee des serbischen und des kosovarischen Präsidenten, Aleksandar Vučić und Hashim Thaçi, einen Gebietstausch zwischen dem Kosovo und Serbien vorzunehmen. Demnach sollen Gebiete im Nordkosovo, wo Serben leben, und Gebiete in Südserbien, wo Albaner leben, zum jeweils anderen Staat kommen.

Premier Ramush Haradinaj, der gegen diese Grenzänderungen ist, stellte nun das Verhandlungsteam der kosovarischen Regierung für den Dialog mit Serbien vor. Es wird vom Chef der Partei Nisma, Fatmir Limaj, geführt. Dazu gehört auch der langjährige Außenminister Enver Hoxhaj und der jetzige Außenminister Behgjet Pacolli.

Die kosovarische Opposition will eine Resolution gegen den Gebietstausch. Thaçi hatte angekündigt, am Freitag bei seinem Besuch in Brüssel einen solchen vorzuschlagen. "Serbien will, dass der Kosovo als Erstes den Gebietsaustausch verlangt. Thaçi hat damit bereits gezeigt, dass er im Gegenzug dazu bereit ist, den Norden aufzugeben. Aber damit erfüllt er nur den Wunsch von Serbien", sagt der Oppositionspolitiker Albin Kurti von der Partei Vetëvendosje zum STANDARD.

"Er gefährdet den Staat Kosovo, weil seine Macht gefährdet ist", so Kurti. Über die beiden Staatschefs meint er: "Sie teilen den Staat, sie teilen die Institutionen, sie teilen die Bevölkerung, nur weil sie das Territorium teilen wollen. Wenn Thaçi nicht von dieser Position abgeht, dann werden wir Proteste organisieren."

Konflikt mit Orthodoxie

Der serbische Außenminister Ivica Dačić sagte indes, dass die "Abgrenzung zu den Albanern" auf einer internationalen Konferenz 2019 geklärt werden könnte. Serbien hat den Staat Kosovo nicht anerkannt und sieht die Frage als einen Konflikt zwischen Volksgruppen und nicht zwischen Staaten. Doch im Kosovo sind längst nicht alle Serben für die Teilung des Staates, denn die meisten leben im Süden. Dort befinden sich auch die wichtigsten orthodoxen Klöster.

Für den Fall, dass Vučić die Idee der Teilung des Kosovo umsetze, "wird die Kirche in einen offenen und direkten Konflikt mit den serbischen Behörden geraten", sagt der orthodoxe Theologe Mladen Aleksić zum STANDARD. "Sicherlich würde das serbische Volk im Süden unter Druck und stillen Terror geraten und vielleicht sogar zum Exodus gezwungen werden", so Aleksić. "Im Jahr 2004 wurden Tausende von Menschen – die serbische Zivilbevölkerung – vertrieben und zahlreiche mittelalterliche serbische Klöster und Kirchen zerstört und verbrannt", erinnert er an die pogromartigen Ausschreitungen.

Bislang waren Grenzänderungen nicht Teil des von der EU geführten Dialogs zwischen dem Kosovo und Serbien. Die Akzeptanz der Idee wurde nun damit begründet, dass Vučić etwas brauche, um sein "Gesicht zu wahren", wenn Serbien indirekt den Kosovo anerkennt. Vučić wird am Sonntag im Kosovo eine große Rede halten. Repräsentanten von serbischen In stitutionen beschweren sich, dass sie Druck ausgesetzt seien, zu dieser Veranstaltung zu kommen.

Reaktion aus Deutschland

Unter Experten wird indes über die Folgen eines Deals diskutiert. "Der Dialog zwischen Serbien und dem Kosovo beruhte auf der schrittweisen Akzeptanz der Realität, dass Serbien, vor allem aufgrund der eigenen Politik seit den 1990er-Jahren, den Kosovo verloren hat", meint Bodo Weber vom Democratization Policy Council in Berlin. "Insofern würde ein Abkommen zwischen Vučić und Thaçi, das irgendeine Form der Grenzänderung umfasst, für Berlin das Ende des Beitrittsprozesses Serbiens bedeuten." (Adelheid Wölfl, 4.9.2018)