Ein sehr ungewohnter Blick auf die burgenländische Landeshauptstadt. Die Industriestadt Eisenstadt beherbergt mit Isosport aber immerhin den Weltmarktführer bei Ski-Laufflächen und Tennissaiten.

IV Burgenland

Als Industriestandort von Rang ist das Burgenland nie im Gerede gewesen. Aber zu unterschätzen ist Österreichs östliche Peripherie nicht. Veritable Weltmarktführer finden sich hier: Mareto in Parndorf/Pandrof etwa mit seinen Kunststofftuben für Kosmetika; oder Isosport in Eisenstadt mit seinen Ski-Laufflächen. Traditionsunternehmen wie Felix in Mattersburg gibt es, aber auch durch Ziel-1-Gelder ins Land gelockte Betriebe wie etwa Lenzing-Lyocell im südburgenländischen Heiligenkreuz, das sich dort aber so weit verwurzelte, dass trotz der weltweiten Konkurrenz im Vorjahr 70 Millionen Euro in die Hand genommen wurden, um ausgerechnet hier zu investieren.

"Trotz allem", wie Manfred Gerger gerne dazusagt. Denn gerade der Wirtschaftspark Heiligenkreuz und sein Leitbetrieb Lyocell seien ein Beispiel dafür, was nicht nur im Burgenland, wenn schon nicht falsch, so doch patschert laufe.

Gerger ist Präsident der burgenländischen Industriellenvereinigung. Als geborener Güssinger und nunmehriger Chef des Großpetersdorfer Autozulieferers Hella ist er aber in erster Linie ein Südburgenländer.

Die Kluft im Land

Wie all seine südburgenländischen Landsleute spricht er, spricht er übers Burgenland, gerne in der Mehrzahl. Der Norden sei mit seiner Teilhabe an den großen Zentralräumen Wien, Bratislava und Gyor nämlich nicht vergleichbar mit dem infrastrukturell so benachteiligten Süden.

Als eine der zentralen Investitionen der ersten Ziel-1-Periode von 1995 bis 1999 gilt Heiligenkreuz zum Beispiel als Modell einer gelungenen Anschubförderung der EU. Mittlerweile aber auch als eines der zentralen Argumente für die Genehmigungsbeschleunigung durch das neue Standortsicherungsgesetz.

Seit Mitte der 1990er-Jahre wird versucht, Heiligenkreuz (und den ungarischen Nachbarn Szentgotthárd) mit der 30 Kilometer entfernten A2 hochrangig – mit der mittlerweile zum Seufzer geratenen S7 – zu verbinden. Gewiefte Gegner konterten stets geschickt. Nun soll – angeblich – endgültig doch gebaut werden. Und – angeblich – auch die Ostbahn bis Graz so elektrifiziert werden, wie die Ungarn das mit ihrer Westbahn bis Szentgotthárd längst schon getan haben.

Wandel hinter sich

Das Burgenland sei insgesamt zu Wien-gewichtet. "Dabei ist Heiligenkreuz ja nur 80 Kilometer von Graz entfernt." Dem designierten Landeshauptmann Hans Peter Doskozil – der erste "Südliche" seit den späten 1950ern – hat IV-Chef Gerger schon ein paar diesbezügliche Einträge auf die To-do-Liste geschrieben.

Zum Beispiel, endlich den Landesentwicklungsplan ernst zu nehmen. Da sind sechs Industrie-Standortachsen definiert, von Kittsee-Parndorf-Neusiedl bis hinunter nach Jennersdorf-Heiligenkreuz. "Die Bürgermeister unterschätzen oft die infrastrukturellen Investitionen." Wasser- und Energieversorgung, Abwasser – damit sei dann eine bloß auf die Kommunalsteuer schielende Gemeinde bald auch überfordert. Der Ansiedelungswettlauf ließe sich durch einen Kommunalsteuerausgleich leicht verhindern, "wie es ja auch bei der Therme in Frauenkirchen passiert ist".

Den fundamentalen Strukturwandel habe die burgenländische Industrie, die stolz ist auf eine mehr als 50-prozentige Exportquote, hinter sich. Verlängerte Werkbänke gibt's keine mehr, Förderabzocker mangels Förderung auch nicht – oder kaum – mehr. Jetzt gelte es, den Standort mit Hirnschmalz zu schmieren.

Da sei vieles schon geschehen, zuletzt ein optoelektronischer Forschungsstandort von Joanneum Research in Pinkafeld oder ein optoelektronischer Masterlehrgang in Fürstenfeld. Dem Hans Peter Doskozil bleibe aber noch reichlich zu tun. (Wolfgang Weisgram, 1.9.2018)