Kanzler Kurz, Bildungsminister Faßmann und Wirtschaftsministerin Schramböck (alle ÖVP) auf Bildungsvisite: An der Privatschule in Hongkong, an die gutbetuchte Eltern ihren Nachwuchs für umgerechnet rund 20.000 Euro pro Jahr schicken können, arbeiten schon die Kleinsten ab sechs Jahren mit Tablets.

Foto: APA / Helmut Fohringer

Auch Wirtschaftskammerchef Mahrer ist mit auf Schulbesuch in Hongkong.

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Das Geschenk an den Kanzler fiel noch analog aus. Ein gutes altes "Monopoly" bekam Sebastian Kurz am Freitag beim Besuch der Canadian International School in Hongkong von den Schülern überreicht.

Lernen wollten die österreichischen Gäste aber nicht, wie man am Spielbrett ein Immobilienimperium aufbaut, sondern wie Lehrer die digitalen Möglichkeiten des 21. Jahrhunderts sinnvoll nutzen können.

20.000 Euro Schulgeld

An der Privatschule in Hongkong, an die gutbetuchte Eltern ihren Nachwuchs für umgerechnet rund 20.000 Euro pro Jahr schicken können, arbeiten schon die Kleinsten ab sechs Jahren mit Tablets. An der gesamten Schule, an der 1.800 Kinder aus 40 Nationen unterrichtet werden, sind 1.000 Tablets im Einsatz. Für die etwas Älteren gibt es Robotikkurse, man beschäftigt sich mit Drohnen, und im Werkunterricht, der hier Designing heißt, stehen 3D-Drucker zur Verfügung.

Mit dem öffentlichen Schulsystem in Österreich ist die Canadian School aber nicht nur wegen der saftigen Schulgebühren nicht zu vergleichen, sondern auch wegen des pädagogischen Konzepts. Fixe Stundenpläne gibt es nicht, Themen werden über mehrere Wochen quer durch alle Unterrichtsgegenstände behandelt, auch die Dauer der Unterrichtseinheiten variiert.

Kleine Gruppen

Vom ersten Tag weg werden die Kinder ermutigt, sich vor anderen zu präsentieren und Reden zu halten, ein Theaterkurs soll dabei helfen. Das Prinzip, dass neben dem Lehrer stets eine Assistenzkraft im Raum ist, erinnert an die Neue Mittelschule, Spezialkurse mit nur sechs Kindern schon weniger.

Am dritten Tag der Asienreise, die nach Singapur in die chinesische Sonderverwaltungszone geführt hat, war also schnell klar, dass das Modell der Canadian School nur sehr eingeschränkt auf Österreich übertragbar ist.

Künftig soll aber auch hierzulande stärker mit digitalen Inhalten und Instrumenten gearbeitet werden, um den "epochalen Veränderungen" Rechnung zu tragen, wie Kurz es formulierte. Bis zum Herbst soll Bildungsminister Heinz Faßmann (ÖVP) nun einen "Masterplan Digitalisierung" erarbeiten.

Einige Eckpunkte wurden in Hongkong bereits vorgestellt:

  • Infrastruktur: Jedenfalls verbessert werden soll die Ausstattung der Schulen mit Tablets und Laptops. Da die Finanzierungsfrage mit Finanzminister Hartwig Löger (ÖVP) noch nicht geklärt ist, gibt es aber noch keinen konkreten Zeithorizont. Es handle sich um ein Projekt für die gesamte Legislaturperiode, hieß es lediglich. Derzeit sind nur zehn Prozent der Bundesschulen sogenannte Notebook-Klassen mit schülereigenen Geräten, reine Tablet-Klassen gibt es fast gar nicht. Wichtiger als die Frage der Endgeräte sei aber ohnehin der Ausbau von schnellem Internet an den Schulen sowie die Suche nach Lern- und Lehrsoftware, ist Faßmann überzeugt.

  • Pädagogisches Konzept: Da der reine Einsatz von Hardware im Unterricht laut OECD-Studien zu keinem signifikanten Lernerfolg führe, brauche es vor einer großflächigen Ausstattung mit Tablets entsprechende Adaptierungen im Unterricht, erklärte der Bildungsminister. Er plädiert dafür, die Lehrpläne nicht einfach um "digitale Kompetenzen" zu erweitern, sondern auch Bestehendes teilweise zu streichen. Als Beispiel nannte er das Lernen von Karten in Geografie. Aus der verbindlichen Übung "digitale Grundbildung", die es ab kommendem Schuljahr gibt, könnte laut Faßmann in Zukunft ein verpflichtendes Fach werden.

  • Lehrer: Für die Umsetzung dieser Pläne werde es auch besser geschultes Lehrpersonal brauchen, betonten Kurz und Faßmann. Daher müsse man entsprechende Aus- und Weiterbildungsprogramme im Bereich Digitalisierung schaffen.

Die Lösung aller Probleme im Bildungssystem erwartet sich der Bildungsminister durch Tablets und Co aber ohnehin nicht. Es gehe um einen "ethisch verantwortungsbewussten Umgang" mit neuen Technologien. "Traditionelle Strukturen" wie Tafeln oder fixe Stunden werde man in Österreich weiter haben. Hier hat ihn die Canadian School offenbar nicht wirklich überzeugt. (Günther Oswald, 31.8.2018)