Es gebe eine "total mangelhafte Qualität" bei psychiatrischen Gutachten, kritisierte Muna Duzdar von der SPÖ.

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Seit Jahren würden im Zusammenhang mit dem Maßnahmenvollzug "verheerende Zustände" herrschen, konstatierte SP-Justizsprecher Hannes Jarolim bei einer Pressekonferenz am Donnerstag. Seine Kollegin Muna Duzdar, Sprecherin der SPÖ für die Volksanwaltschaft, sprach von einer "tickenden Zeitbombe." Knapp 1000 Insassen sind derzeit im Rahmen des Maßnahmenvollzugs untergebracht, die Anzahl ist in den letzten Jahren gestiegen.

Es gebe eine "total mangelhafte Qualität" bei psychiatrischen Gutachten, kritisierte Duzdar und forderte einheitliche Qualitätsmindeststandards sowie eine Erhöhung der Honorare für Gutachter. "Zu gering" seien außerdem die Einweisevoraussetzungen. Bisher ist dafür die Begehung einer mit mehr als einem Jahr Haft bedrohten Straftat erforderlich. Das soll auf drei Jahre angehoben werden – damit würden psychisch Kranke nicht mehr wegen einer gefährlichen Drohung im Maßnahmenvollzug landen.

Verweis auf bestehenden Vorschlag

Kritik übte Duzdar in diesem Zusammenhang auch an der Verhängung von Maßnahmen in Bezug auf Jugendliche und junge Erwachsene: "Junge Menschen haben im Maßnahmenvollzug nichts verloren." Dass unter 21-Jährige in Anstalten für geistig abnorme Rechtsbrecher eingewiesen werden, solle ausgeschlossen werden.

Sowohl Jarolim als auch Duzdar sprachen sich überdies für den vom ehemaligen Justizminister Wolfgang Brandstetter (ÖVP) ausgearbeiteten Gesetzesentwurf aus, den dieser im Juli des Vorjahres präsentierte und der den Maßnahmenvollzug reformieren sollte. Dieser war auf Basis von Empfehlungen einer extra eingesetzten Experten-Arbeitsgruppe entstanden und sah unter anderem neue Anstalten, weniger Insassen und erhöhte ambulante Betreuung vor.

Steigende Zahlen

Im neuen Regierungsprogramm wird jedoch nur mehr spärlich auf den Maßnahmenvollzug eingegangen – vorrangig wird festgehalten, dass durch eine Reform die "Sicherheit der Allgemeinheit" erhöht werden solle. So soll die Enthaftung von Untergebrachten "ausschließlich bei Wegfall der Gefährlichkeit, unabhängig von der Dauer der Unterbringung" stattfinden, die "Unterbrechung des Maßnahmenvollzugs ausschließlich mit elektronischer Fußfessel möglich sein". Justizminister Josef Moser (ÖVP) teilte mit, den vorliegenden Entwurf erneut überarbeiten zu lassen. Bis Ende dieses Jahres sollen Ergebnisse präsentiert werden.

Jarolim kritisierte außerdem die teils "dramatische" Überbelegung in den Justizanstalten: Insassen würden dort teilweise "nebeneinanderkleben". In der JVA Josefstadt sind derzeit etwa 210 Häftlinge mehr als vorgesehen untergebracht. Darüber hinaus forderte er die Besetzung von 230 offenen Planstellen für Justizwachebeamte, deren Auswahlverfahren außerdem gelockert werden solle.

Erst kürzlich kündigte Moser wegen der steigenden Anzahl geistig abnormer Rechtsbrecher an, mehr Plätze schaffen zu wollen – die Sonderstrafanstalt in Asten (OÖ) solle deshalb 200 Plätze dazubekommen. Dass für diese die Finanzierung gesichert ist, bezweifelt die SPÖ. Vonseiten des Justizministeriums war diesbezüglich keine Stellungnahme zu erhalten. (van, 30.8.2018)