Peter Pilz (Liste Pilz), Jan Krainer (SPÖ) und Stephanie Krisper (Neos) während der Pressekonferenz zum Thema 'Konsequenzen aus der illegalen Hausdurchsuchung beim BVT'

Foto: APA/Pfarrhofer

Wien – Die Oppositionsparteien gaben am Mittwochvormittag ihre Strategie für den BVT-Untersuchungsausschuss bekannt. Im Fokus: Innenminister Herbert Kickl (FPÖ). Gegen ihn wird ein gemeinsamer Misstrauensantrag in einer eigenen Sondersitzung eingebracht werden. Diese Sitzung des Nationalrats muss binnen 14 Tagen stattfinden. Schon vorher, am Montag nächster Woche, findet der von Peter Pilz einberufene Nationale Sicherheitsrat statt.

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Pilz erklärte in einer gemeinsamen Pressekonferenz mit Jan Krainer von der SPÖ und Stephanie Krisper von den Neos, er habe den anderen Oppositionsparteien vorgeschlagen, gemeinsam einen Misstrauensantrag einzubringen – in der Hoffnung, "dass es doch einige Abgeordnete in der ÖVP gibt, denen die innere Sicherheit wichtig ist". Sollte sich diese Hoffnung erfüllen, könne das Parlament ein Gegengewicht zum Innenminister darstellen.

Goldgrubers Sammlung an Vorwürfen

Pilz stellte in den Raum, dass der Innenminister Amtsmissbrauch begangen haben könnte. Er hat nach der gemeinsamen Pressekonferenz der Opposition noch einmal alleine seine Sicht der Dinge geschildert. Dabei berief er sich auf ein "Konvolut" mit strafrechtlichen Vorwürfen gegen die Spitze des BVT, mit dem das Innenministerium Druck auf die Staatsanwaltschaft habe machen wollen.

Das Schreiben soll von Peter Goldgruber, Generalsekretär im Innenministerium, an die zuständige Staatsanwältin übergeben worden sein. Auch die Rolle von Rechtsanwalt Gabriel Lansky will Pilz im Untersuchungsausschuss geklärt wissen. Dieser soll, so Pilz, ein anonymes Schreiben an Goldgruber gegeben haben, das dieser ebenfalls an die Staatsanwaltschaft weitergeleitet habe.

Goldgruber wehrte sich Mittwochnachmittag gegen Vorwürfe, er habe vor den Hausdurchsuchungen im BVT Druck auf die Staatsanwaltschaft ausgeübt. Aber: "Wenn Amtsträger, insbesondere Polizeiorgane, im Zuge ihrer Tätigkeit von strafbaren Handlungen Kenntnis erlangen, sind diese dazu verpflichtet, das den Strafverfolgungsbehörden zu melden." Daher sei auch der damalige Schritt zur Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft erfolgt. Bis dahin sei nämlich nicht klar gewesen, ob oder welche Ermittlungen es bereits gebe.

Innenminister Herbert Kickl (FPÖ) habe ihn, Goldgruber, lediglich "allgemein beauftragt", den Sachverhalt zum BVT zu prüfen – von "aufräumen" sei nicht die Rede gewesen..

Kickl als "Drahtzieher"

Krainer sagte bei der Pressekonferenz am Vormittag, der U-Ausschuss werde sich nicht nur um das Innenministerium, sondern auch um die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft kümmern. Die politische Verantwortung müsse aber der Innenminister tragen, den Krainer als "den Drahtzieher" im BVT-Skandal bezeichnete. Dass Recht gebrochen wurde, habe das Gericht ja bereits festgestellt.

Neos-Abgeordnete Krisper sagte, dass der Journalrichter, der die nun als illegal festgestellte Hausdurchsuchung im BVT angeordnet habe, "das schwächste Glied der Kette" gewesen sei, da sei "der Rechtsstaat vulnerabel" gewesen.

Die Oppositionsabgeordneten gehen davon aus, dass noch viel mehr Akten an den U-Ausschuss zu liefern sein werden, darüber werde der Verfassungsgerichtshof zu entscheiden haben. Krainer sieht "eine sehr, sehr ungewöhnliche Vorgangsweise" des Innenministeriums, das den Ausschuss quasi boykottiere.

Freiheitliche finden Vorgehen "unerhört"

FPÖ-Klubobmann und Sicherheitssprecher Walter Rosenkranz stellte dem die freiheitliche Sicht der Dinge gegenüber: "Da passiert in einem rechtsstaatlichen Verfahren – wie übrigens täglich –, dass eine Entscheidung eines Richters auf Antrag der Staatsanwaltschaft von einem übergeordneten Gericht als falsch qualifiziert wird – so weit, so gut. Die Verantwortung im Bereich der unabhängigen Rechtsprechung beim Innenminister zu suchen, ist sachlich so was von falsch, dass eigentlich diese Abgeordneten von SPÖ, Neos und Liste Pilz abtreten müssten! Glaubt ernsthaft irgendwer, dass der Innenminister nur mit dem Finger schnippen muss, und schon ermittelt die unabhängige Justiz? Oder dass sich die Staatsanwaltschaft von jemandem unter Druck setzen lässt? Abgeordnete, die sich noch dazu im BVT-Ausschuss vordrängeln, kennen nicht einmal die Bausteine unserer Verfassung wie die Gewaltenteilung", mutmaßt Rosenkranz und fasst das in einem Wort zusammen: "Unerhört!"

Staatsanwälte über Moser verwundert

Nicht "unerhört", aber jedenfalls "unüblich" sei die Ankündigung von Justizminister Josef Moser, eine Prüfung der Hausdurchsuchungen anzuordnen. "Es ist für mich ein unüblicher Vorgang, dass über die Medien ausgerichtet wird, dass Überprüfungen stattfinden", sagte Staatsanwälte-Präsidentin Cornelia Koller im Ö1-"Mittagsjournal". Dabei geht es um die Ankündigung, nicht um die Überprüfung selbst, denn diese sei doch üblich.

Als problematisch, insbesondere bei der Bekämpfung internationaler Korruption, empfindet Koller die Vorgabe, dass die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft nun wieder vor Razzien die Oberstaatsanwaltschaft informieren muss, wie Moser angekündigt hat.

Bundeskanzler Kurz stärkt Moser den Rücken

Bundeskanzler Sebastian Kurz, der derzeit in Singapur weilt, wollte sich nicht zur BVT-Causa äußern, betonte aber, dass sich Justizminister Moser am Dienstag selbstverständlich in Absprache mit ihm zu Wort gemeldet habe. Es dürfte sich also schon um ein bewusstes Signal an Kickl gehandelt haben, das die Türkisen setzen wollten.

Verkehrsminister Norbert Hofer, der auch Regierungskoordinator für die FPÖ ist, zeigte sich jedenfalls nicht erfreut darüber, dass Moser davon gesprochen hat, dass man nun prüfen müsse, ob die Staatsanwaltschaft einem Ermittlungsdruck durch das Innenministerium ausgesetzt gewesen sei. Hofer zum STANDARD: "Es gibt gewisse Dissonanzen zwischen dem Justizminister und dem Innenminister." Diese werde man aber ausräumen, zeigte er sich überzeugt und fügt hinzu: "Das ist ein Sturm im Wasserglas". Klar sei: Die Staatsanwaltschaft dürfe nie Ermittlungsdruck ausgesetzt sein, ansonsten würde die Gewaltentrennung nicht funktionieren. Er sei aber überzeugt, dass es mit der Gewaltentrennung kein Problem gebe, daher müsste man sich Mosers Vorschläge "genau anschauen". (red, 29.8.2018)