Wien – "Was allgemein wirklich unterschätzt wird: Wir sind so etwas wie ein Gesundheitsmonitor. Wir können auf Knopfdruck den Gesundheitszustand einer ganzen Generation junger Männer abrufen", sagt Christian Langer. Das funktioniere lückenlos über die Tauglichkeitsprüfungen bei der Stellung für das Bundesheer.

Als Chef des heerespsychologischen Dienstes sei ihm dabei unter anderem vor allem ein Aspekt bei den jüngsten Stellungen aufgefallen: Nicht nur, dass sich der Anteil der untauglichen jungen Männer wieder erhöht hat, auch die Zahl der psychischen Erkrankungen und Defizite sei im Steigen und mache mittlerweile einen großen Anteil der Ursachen für eine Untauglichkeit aus.

Ganz genau lasse es sich zwar nicht beziffern, weil körperliche und psychische Beeinträchtigungen oft zusammenhängen. Fest stehe aber, dass mittlerweile schon 30 Prozent an verschiedenen psychisch relevanten Diagnosen registriert werden.

Vieles habe mit der Lebensführung zu tun, mit den Umständen, unter denen junge Männer bisweilen leben: Verwahrlosung, Nichtfunktionieren des sozialen Netzes, desolate Familienverhältnisse, Drogenkonsum. "Hier gab es in den letzten Jahren eindeutig mehr Auffälligkeiten", sagt Langer im Gespräch mit dem STANDARD.

Mehrere Diagnosen

Daraus resultieren oft mehrere Diagnosen: Depressionen, "Angsterkrankungen", aber auch typische Anpassungsprobleme. Dazu zählen auch Lern-, Schreib- und Leseschwächen.

Beim Faktor Sucht habe man im Bundesheer in den vergangenen Jahren deutliche regionale Unterschiede registriert. "Wir wissen sehr genau, dass aus gewissen Regionen mehr Suchtkranke zu uns kommen als aus anderen. Dann gibt's wieder Regionen von richtigen 'Musterschülern'. Wir haben über Jahre hinweg insgesamt Erfahrung gesammelt, wo die Problemregionen Österreichs liegen."

In den Protokollen der Stellungsuntersuchungen sei auch klar dokumentiert, dass sich der körperliche Zustand der jungen Männer verschlechtere: Adipositas, Bewegungsprobleme, schlechte körperliche Fitness. Das gehe eben auch einher mit psychischen Problemen, die sich daraus ergeben. "In der Summe kann sich dann eine Untauglichkeit ergeben", sagt Langer. Die Anzahl der psychopathologischen Diagnosen nehme jedenfalls zu, es tauchten immer neue Krankheitsbilder auf.

Es manifestiere sich eine eindeutige Tendenz hin zu Mehrfachdiagnosen bei der Untauglichkeit. "Eine Besserung ist da eher nicht in Sicht", sagt Langer. (Walter Müller, 28.8.2018)