Teddy Podgorski im Café Gutruf:_"Ich habe genug Folklore gesehen!"

Foto: STANDARD/Newald

Am Sonntag ist es so weit: Die ursprünglich als Österreich Bild bestellte und produzierte Sendung Schwarz in Wien: Von Soliman bis Alaba wird nun doch im ORF gezeigt. Zunächst hätte die Sendung am Sonntag, dem 5. August, gesendet werden sollen. Wenige Tage vor Ausstrahlung wurde sie aus dem Programm gestrichen. Erst auf Nachfrage hieß es aus dem ORF, der Film hätte "nicht zur Anmutung und Bildsprache der Programmleiste" gepasst. Nun wird der Film am Sonntag, 13.30 Uhr, als Sonderausgabe der Sendung Heimat, fremde Heimat gezeigt.

Mit dem neu gewählten Sendeplatz ist der Regisseur des Films Teddy Podgorski junior nicht zufrieden: "Es ist ein Film über Wienerinnen und Wiener und nicht über ,Ausländer‘". Die Doku habe bei Heimat, fremde Heimat nichts verloren. Noch deutlicher kommentiert die Entscheidung der ORF-Landesdirektion sein Vater, Teddy Podgorski sen.: Die Weigerung, den Film seines Sohnes am ursprünglich geplanten Sendeplatz auszustrahlen, nennt er "provinziell", denn Folklore habe er genug gesehen.

Teddy Podgorski weiß, wovon er redet, schließlich ist er für die Einführung von Bundesland heute ebenso verantwortlich wie für die Etablierung von Volksgruppensendungen und Heimat, fremde Heimat. Podgorski, einer der Pioniere des ORF, plädiert für "Störung der Gemütlichkeit": "Es ist ein ungemütlicher Film, den mein Sohn da gemacht hat, und ich verstehe, dass er nicht zu einem gemütlichen Sendeplatz passt." Dass Schwarz in Wien jetzt "verräumt" werde, passe aber gut zum ORF, meint Podgorski.

"Vieles wurde verhindert"

Von Reporter über Redakteur bis Generalintendant: Podgorski war im ORF schon alles und überall. Sport, Chronik, Politik, er hat alles gemacht, viele Formate begründet und weiterentwickelt. "Von mir ist aber auch sehr vieles nie gesendet oder verhindert worden", erzählt er schmunzelnd.

Da war zum Beispiel mal ein Beitrag über den Wiener Aktionismus: Podgorski hat eine Aktion von Otto Muehl gefilmt und interviewte dabei ein nacktes Mädchen, das auf einem Tisch lag und mit Lebensmittel beworfen wurde. "Irgendjemand von der Direktion hat das mitbekommen und die Sendung landete im Giftschrank", erinnert sich Podgorski.

Eine weitere Sendung, die er zwar gedreht hat, die aber nie gesendet wurde, war der Bericht über das erste "Oktoberfest" in der Wiener Stadthalle. "Eine grausige Veranstaltung sei das gewesen", meint Podgorski und der Beitrag darüber gefiel gar nicht: "Der sozialistische Direktor der Stadthalle hat den sozialistischen ORF-Direktor angerufen und der Film wurde kassiert", erzählt der ORF-Veteran versöhnlich lachend.

Zum Muttertag

Gar nicht zum Lachen findet er auch Jahrzehnte später einen Vorfall im Zuge der ORF-Berichterstattung zum Muttertag. "Der Muttertag ist ja immer was Peinliches, und ich wollte mal was anderes machen und hatte ein Interview mit der Mutter von Widerstandskämpfern geplant", so Podgorski. In der Sitzung sei der damalige ORF-Chefredakteur Alfons Dalma aufgesprungen und hätte gesagt "Das mache Sie sicher nicht. Wenn, dann führen Sie ein Interview mit der Mutter eines Stalingrad-Gefallenen!"

"Meinen speziellen Freund" nennt Podgorski Alfons Dalma, der während des Zweiten Weltkriegs in Zagreb Redakteur der faschistischen Ustascha-Zeitung Hrvatski Narod war und nach dem Krieg zunächst bei den Salzburger Nachrichten anheuerte und anschließend Karriere beim ORF machte.

Anruf Kreiskys

Ebenfalls gut erinnerlich ist Podgorski ein persönlicher Anruf vom damaligen Außenminister Bruno Kreisky. Dieser bat Podgorski, ein exklusives Interview mit einem Mitglied der separatistische Organisation BAS (Befreiungsausschuss Südtirol) doch lieber nicht zu senden. "Wenn Sie es senden, dann ist das eine Katastrophe für die Republik", soll Kreisky gesagt haben. "Ich konnte die Folgen nicht absehen, aber ich wusste, in einer Stunde kommt der Freund des Außenministers, der Fernsehdirektor, und sagt mir, dass ich es nicht spielen darf." Und so kam es auch.

Über die jüngsten Vorfälle im ORF sagt Podgorski: "Der ORF reagiert auch momentan so, wie er immer reagiert hat: so, dass die leitenden Personen ihre Sessel behalten können." "Vorauseilender Gehorsam" sei das, "oft unnötigerweise", so der ORF-Veteran. (Olivera Stajić, 24.8.2018)