Bild nicht mehr verfügbar.

Südafrikaner okkupieren illegal brachliegendes Land in der Nähe Kapstadts.

Foto: Reuters / Mike Hutchings

Bild nicht mehr verfügbar.

Südafrikas Präsident Cyril Ramaphosa will mit der Landreform Wählerstimmen für den ANC bei den Parlamentswahlen im nächsten Jahr garantieren.

Foto: REUTERS Hannah Mckay

Die südafrikanische Währung Rand bekam in den vergangenen Stunden die Macht von US-Präsident Donald Trumps Twitter-Diplomatie mit voller Kraft zu spüren. Südafrikas ANC-Vorsitzender und Präsident Cyril Ramaphosa hatte am Mittwoch in einer Reihe von Beantwortungen parlamentarischer Anfragen zum wiederholten Male eine schnellere Enteignung großer Teile von Landbesitz angekündigt. Die stockende einvernehmliche Umverteilung von Landbesitz der weißen Bevölkerungsminderheit aus kolonialer Zeit hin zum ärmeren schwarzen Bevölkerungsteil Südafrikas sollte durch ein präziseres Gesetz beschleunigt werden.

Die Enteignungen könnten ohne Entschädigungen vor sich gehen. Dies ist bereits unter bestimmten Umständen bisher erlaubt, der entsprechende Artikel in der Verfassung ist jedoch vage formuliert und soll nun präzisiert werden. 24 Jahre nach dem Ende der Apartheid kontrolliert die weiße Minderheit (rund neun Prozent der Bevölkerung) in dem Land 73 Prozent der landwirtschaftlich nutzbaren Fläche.

Trump geißelt Gewalt an Farmern

Die Landenteignungen drohen die Spannungen zwischen der weißen Minderheit und der schwarzen Bevölkerungsmehrheit erneut zu entfachen. Eine Welle brutaler Gewalt löste bereits im vergangenen Jahr eine große Debatte in Südafrika aus. Bereits damals zeigte sich jedoch, dass zwar Fälle von rassistisch motivierter Gewalt geschahen, oftmals jedoch nicht nur rassistische Motive, sondern auch die ungleiche Verteilung von Reichtum Hintergrund der Taten waren. Ein "weißer Genozid", wie er von rechten Medien seit Jahren lanciert wird, lässt sich aus den Zahlen nicht ableiten.

Trumps Äußerungen über "umfangreiche Tötungen" von Farmern gehen jedenfalls in eine ähnliche Richtung wie die seit mehr als einem Jahr publizierten Artikel in Publikationen wie "Breitbart News" oder "unzensuriert.at". Es ist anzunehmen, dass der Tweet des innenpolitisch bedrängten Präsidenten als Reaktion auf einen Beitrag des US-Senders Fox News über Südafrika erfolgte. Immer wieder wird der schwarzafrikanischen Bevölkerung dabei ein angeblicher "Genozid" an der weißen Bevölkerung vorgeworfen.

Südafrika bestellte werden der Tweets des US-Präsidenten dem amerikanischen Botschafter im Land ins Außenamt ein. Ministerin Hon Lindiwe Sisulu wollte die Unzufriedenheit der Regierung und Bevölkerung über den "auf falschen Informationen basierenden Tweet" des US-Präsidenten zum Ausdruck bringen

Angst vor US-Sanktionen

Die Gesetzesinitiative sollte "die agrikulturelle Produktion erhöhen, Ernährungssicherheit stärken und garantieren, dass das Land zu jenen zurückkehrt, denen es in Zeiten des Kolonialismus und der Apartheid weggenommen wurde." Wenige Stunden nach den Aussagen gewann der Rand um 1,4 Prozentpunkte gegenüber dem US-Dollar und war die am stärksten performende Währung weltweit am Mittwoch. Kurz darauf mischte sich allerdings US-Präsident Donald Trump in die rege Debatte um die "Landreform" ein. Er habe US-Außenminister Mike Pompeo gebeten, "die Beschlagnahme und Enteignung von Land und Farmen in Südafrika genau zu untersuchen".

Der Rand schwächte daraufhin um knapp zwei Prozentpunkte ab, da die Märkte befürchten, Südafrika könnte – ähnlich wie die Türkei – Opfer von US-Sanktionen werden. Zudem solle der US-Botschafter in Pretoria einbestellt werden. Die Antwort aus Südafrika ließ nicht lange auf sich warten. Südafrika weise das "begrenzte Verständnis" von Trump entschieden zurück, hieß es am Donnerstag in einem offiziellen Tweet der südafrikanischen Regierung. Die Kurzbotschaft des US-Präsidenten solle die Nation spalten und erinnere an die koloniale Vergangenheit. Kommunikationsministerin Nomvula Mokonyane bekräftigte am Donnerstag jedoch, dass die aktuelle Twitter-Auseinandersetzung nicht "die aktuelle oder zukünftige Beziehung zu den Vereinigten Staaten" beeinflussen werde.

Die Umverteilung von Land ist in Südafrika schon seit dem Ende der Apartheid und der Präsidentschaft Nelson Mandelas ein Thema. Bisher verfolgte die südafrikanische Politik jedoch einen Ansatz, bei dem die Übergabe von Land nur einvernehmlich erfolgen kann. Nach einer Initiative der linkspopulistischen Partei "Economic Freedom Fighters" (EFF), die vor allem bei der jungen Bevölkerung hohe Zustimmung erfährt, sah sich der ANC dazu gedrängt, das Thema stärker zu forcieren. Die Regierungspartei ANC machte es rund ein Jahr vor den anstehenden Wahlen zu einem zentralen Regierungsthema. Präsident Cyril Ramaphosa lehnte allerdings die Forderung der EFF ab, alles enteignete Land in staatlichen Besitz übergehen zu lassen. Er wolle dem Willen des Volkes folgen und die Verantwortung auch den Menschen selber übertragen.

Oppositionelle Kritik

Ängsten weißer Landbesitzer entgegnete Ramaphosa, dass diese nichts zu fürchten hätten und den angestoßenen Prozess annehmen sollten. Er werde für eine Win-win-Lösung sorgen. Wie genau der seit Februar amtierende Präsident diese Win-win-Situation erreichen möchte, ließ er jedoch offen. Kritik an der Initiative kam allerdings nicht nur von jenseits des Atlantik, auch innerhalb Südafrikas gibt es Widerstand. Die Opposition befürchtet, dass der Gesetzesvorstoß Investoren abschrecken würde.

Auch die staatliche Landwirtschaftsbank warnte vor den Enteignungen. Zahlreiche Banken hätten in bestehenden Verträgen Standardklauseln, die Enteignungen als Zahlungsausfälle werten und hohe Rückzahlungen in Milliardenhöhe zur Folge hätten. Eventuelle Zahlungsunfähigkeiten der Banken würden wiederum auf den Staat zurückfallen. (Fabian Sommavilla, 23.8.2018)