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PRO: Verantwortung übernehmen

von Leopold Stefan

Österreichs Landespolitiker sollten die Verantwortung für die Kostenseite ihrer Vorhaben übernehmen. Derzeit geben Länder in vollen Zügen Steuergeld aus, nehmen selber aber nur einen Bruchteil davon ein. Den Großteil der Mittel holt man sich beim Bund über den intransparenten Finanzausgleich. Das lädt regelrecht dazu ein, tief in die gemeinsame Kasse zu greifen, um so viel wie möglich für die eigenen Leute herauszuholen. Würden die Länder einen größeren Teil der Einnahmen selbst einheben, müssten sie darüber Rechenschaft ablegen.

Kritiker einer größeren Steuerautonomie warnen vor einem Wettbewerb der Bundesländer, die mit Entlastungen um Konzerne buhlen und in der Folge öffentliche Leistungen kürzen müssen. Allerdings zeigt der internationale Vergleich, etwa mit der Schweiz oder Schweden, dass stärkere steuerliche Kompetenz auf unteren Verwaltungsebenen nicht zum Verfall der Infrastruktur, zu schlechter Bildung und zur Unterversorgung strukturschwacher Regionen führt. Denn mehr Steuerautonomie schließt einen horizontalen und transparenten Finanzausgleich nicht aus.

Nur müssten sich Landespolitiker für sämtliche Versprechen die Frage gefallen lassen: Wer soll das bezahlen? Vielleicht zieht eine Mehrheit niedrigere Steuern dem Bau des nächsten Stadions vor. Beim neuen Krankenhaus wäre die Zahlungsbereitschaft eventuell höher – aber auch der Ärger, wenn das Projekt zum Milliardengrab wird. (Leopold Stefan, 20.8.2018)

KONTRA: Keine Gegner

von Günther Oswald

Die Regierung hat sich den Bürokratieabbau zum Ziel gesetzt. Das ist ein sinnvolles Unterfangen. Im Sommerloch von einigen ÖVP-Landesfürsten aufgewärmte Überlegungen, von Bundesland zu Bundesland unterschiedliche Steuersätze einzuheben, würden dem eindeutig zuwiderlaufen. Es wäre geradezu absurd, in einem Kleinstaat wie Österreich, der flächenmäßig nur geringfügig größer ist als Bayern, neun verschiedene Steuersysteme zu etablieren. Unternehmen mit Niederlassungen in unterschiedlichen Regionen müssten mit einem erheblichen Mehraufwand rechnen.

Die Befürworter sitzen auch einem grundlegenden Missverständnis auf. Die Länder sind keine Gegner. Sie stehen nicht, wie private Unternehmen, in Konkurrenz zueinander. Es kann naturgemäß nicht darum gehen, den anderen aus dem Markt zu drängen. Möchte man vermeiden, dass strukturschwache Regionen endgültig unter die Räder kommen, müsste man diesen über den Finanzausgleich erst recht wieder zu Hilfe kommen.

Der Gedanke, dass innerhalb eines gemeinsamen Wirtschaftsraumes Steuerwettbewerb nur bedingt sinnvoll ist, hat sich auch auf EU-Ebene längst durchgesetzt. Man muss daher in Österreich nicht in die entgegengesetzte Richtung fahren. Im kleinen Rahmen haben Länder (beim Wohnbauförderbeitrag) und Gemeinden (bei der Grundsteuer) bereits Steuerungsmöglichkeiten. Das ist ausreichend. (Günther Oswald, 20.8.2018)