Ländervertreter zeigen gesundheitspolitisch Einigkeit – und Stärke.

Foto: iStock

Ein kleines Dorf in den Tiroler Bergen kann zu einem Stimmungsbarometer werden. Gesundheit ist ein wichtiges Gut, darauf können sich alle Menschen einigen. Doch da ist nicht nur die Gesellschaft – auch Krankheiten, Zweiklassenmedizin, therapeutische Innovation, Digitalisierung und Pflege sind thematische Dauerbrenner in Alpbach. Die 2013 beschlossene Gesundheitsreform stand aber seit Jahren nicht mehr auf der Agenda.

Und genau dieses Projekt zauberte der Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungen in einer Pressekonferenz mit den Gesundheitsverantwortlichen aus Tirol, Wien, Kärnten und der Steiermark aus dem Hut, um daran zu erinnern, dass man ohnehin dabei sei, sich für die Bedürfnisse zukünftiger Patienten zu rüsten. "Alte Ziele" können aufregend sein, und zwar dann, wenn diejenigen, die sie umsetzen, eindeutige Hinweise haben, dass es sie zu verteidigen gilt.

Umsetzung der Reformen

Im Zuge der Debatten um die AUVA und die damit verbundenen, in weiten Teilen noch wenig klaren Details zu Umstrukturierungsmaßnahmen scheint das vielen Akteuren der Fall zu sein. "Wir arbeiten täglich an der Umsetzung der Gesundheitsreform", erinnerte Hauptverbandsvorsitzender Alexander Biach. "Und zwar partnerschaftlich", ergänzte der Tiroler Gesundheitslandesrat Bernhard Tilg (ÖVP) mit Nachdruck. Zudem erinnert Tilg an gemeinsam vereinbarte Gesundheitsziele und die Finanzmittel dafür: "Sie sind vertraglich bis 2021 gesichert", betont er, trotzdem sieht er sie in Gefahr. "Kräfte bündeln, und zwar fraktionsübergreifend", nannte es Beate Prettner (SPÖ), Kärntner Landeshauptmann-Stellvertreterin. Auch sie hat Sorge, dass zukunftsweisende Projekte gestoppt werden könnten.

In allen Bundesländern sind die Probleme ähnlich. Zu viele Menschen gehen, medizinisch betrachtet, sinnloserweise in Spitäler: Gesundheitspolitik muss es schaffen, die Anlaufstellen außerhalb attraktiv zu machen. "Wir nennen die neuen Primärversorgungseinrichtungen jetzt Gesundheitszentren, weil die Menschen das verstehen und sich dann automatisch dorthin wenden", sagt der steirische Gesundheitslandesrat Christopher Drexler (ÖVP).

Besser kommunizieren

Die Idee gefällt Peter Hacker (SPÖ), dem neuen Gesundheitsstadtrat von Wien, "weil es darum geht, dass auch die Menschen gesundheitspolitische Weichenstellungen annehmen, da müssen wir kommunikativ besser werden". In Kernfragen, so Hacker, brauche man Einigkeit. Gesundheitsministerin Beate Hartinger-Klein (FPÖ) habe ihm mündlich zugesichert, dass die geplante Strukturreform die Gesundheitsreform nicht beeinträchtigen wird.

"Ein demokratischer Rechtsstaat sollte nicht auf mündlichen Vereinbarungen beruhen", warf Landesrat Drexler ein. Man wolle mit Hartinger-Klein, die erst am letzten Tag der Gesundheitsgespräche erwartet wird, darüber sprechen, betonte Hacker.

Parteienübergreifender Konsens

Diese neue, fraktionsübergreifende Einigkeit der Bundesländer könnte also auch Reformen weiter vorantreiben. Die neue Gesundheitshotline 1450 hat sich in Wien bewährt, man könnte aus diesem Pilotprojekt ein österreichweites Netz spannen. "Auch die Anbindung von medizinischen Einrichtungen an soziale Einrichtungen muss ausgebaut werden", betonte Hacker, es sei eine Notwendigkeit für eine alternde Gesellschaft.

Hauptverbandschef Alexander Biach verabsäumte es nicht, die Errungenschaften wie die Verringerung der Wartezeiten für CT-Bilder oder die Gratiszahnspange zu nennen. Wesentliche Schritte stünden aber noch bevor, der Ausbau der Facharztzentren zum Beispiel, mit dem man auf die besorgniserregend wachsende Zahl chronisch Kranker reagieren will. "Wir haben kluge Steuerungssysteme in einem komplizierten System", betont Biach. Es ist zu hoffen, dass die in Alpbach demonstrierte Einigkeit die Gesundheitsreform befeuert. (Karin Pollack, 21.8.2018)