Jasmin Eder von St. Pölten muss die Diskrepanz zischen der Liga und dem Nationalteam überbrücken.

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Hätten Sie gewusst, dass am Wochenende die Fußballbundesliga startet? Nein? Eben. 2017 zog das österreichische Frauennationalteam bei der EM in den Niederlanden ins Halbfinale ein – ein historischer Erfolg, begleitet von Euphorie, ja einem Boom. Public Viewings, Titelseiten, famose Einschaltquoten im TV: Österreich konnte plötzlich Frauenfußball. Dieser Schwung blieb der Auswahl weitgehend erhalten, die WM-Qualifikation wird übertragen, zu den Heimspielen sind die Stadien relativ gut besucht.

Der Frauenbundesliga fehlt es dagegen an vielem – viel Aufmerksamkeit, viel Glorie und viel Glanz. Die meisten Vereine sind in kleineren Gemeinden angesiedelt, heißen FFC Vorderland, FC Bergheim oder Union Kleinmünchen. Durchschnittlich kamen in der vergangenen Saison 177 Zuschauer zu den Spielen. Für ein bisschen mehr Glanz sorgt seit heuer das Unternehmen Planet Pure, das als erster Hauptsponsor der Liga auftritt. Planet Pure vertreibt Reinigungs- und Waschmittel. Ein Klischeepaket? Ein bisschen, aber beim Österreichischen Fußballbund (ÖFB), der die Liga organisiert, ist man vor allem froh: "Wir sind nicht in der Position, wählerisch zu sein, sondern glücklich, dass sich ein Partner dazu bekannt hat, den Frauenfußball zu unterstützen", sagt Geschäftsführer Bernhard Neuhold.

Der große Wurf

Der Erfolg des Nationalteams bei der EM war kein Zufall: 2011 war das Kompetenzzentrum in Niederösterreich eröffnet worden, Erfolge von Nachwuchsteams stellten sich ein und gipfelten in der EM. "Wir haben die ungewöhnliche Situation, dass die Spitze erfolgreich ist und wir daraus in die Breite gehen wollen. Normalerweise ist das umgekehrt", sagt Neuhold. Dem Frauenfußball fehlt es an Breite, das heißt aber nicht unbedingt, dass Mädchen nicht Fußball spielen wollen. Mit den Internationalen gibt es Vorbilder, immer mehr Mädchen drängen in den Fußball, und gerade im ÖFB sind die strukturellen Rahmenbedingungen verheißungsvoll. Nur, das Gefälle zwischen Team und Bundesliga bleibt enorm.

"Wie kann Frauenfußball in Österreich Breitensport werden?", fragt auch die Politik, fragen konkret die SPÖ-Frauen und die Sozialistische Jugend. Dabei wird unter anderem gefordert, "dass es für Klubs nur eine Bundesligalizenz gibt, wenn der Verein auch eine Frauenabteilung hat", sagt die ehemalige Frauenministerin Gabriele Heinisch-Hosek. SJ-Chefin Julia Herr: "Die Bundesligaklubs sind die prominentesten Vereine Österreichs. Ein verpflichtendes Frauenteam würde für Nachhaltigkeit sorgen."

Salzburg plant ohne Frauenteam

Dabei dürften aber die bestehenden Vereine nicht verdrängt werden. Auch Kooperationen seien möglich. Außerdem sollen kleinere Vereine mit einer Frauenabteilung zusätzlich gefördert werden und Frauenfußball als unverbindliche Übung in den Lehrplan aufgenommen werden. Derzeit stellen mit SKN St. Pölten, Sturm Graz und Wacker Innsbruck drei Bundesliga-Vereine ein Frauenteam in der obersten Spielklasse, die Austria kooperiert mit dem USC Landhaus. Das ist schön, aber nicht viel. In Deutschland und England führen fast alle großen Vereine eine Frauenabteilung.

"Natürlich wäre es wünschenswert, dass jeder Bundesligaverein eine Frauenabteilung hat. Schon mit ihrer Infrastruktur wären Rahmenbedingungen gegeben, die von einem reinen Frauenfußballverein nur schwer zu schaffen wären", sagt Neuhold. Konkret seien "die Lizenzierungsverfahren aber natürlich Sache der Bundesliga." Der österreichische Meister Red Bull Salzburg winkt jedenfalls ab: "Eine Frauenmannschaft ist derzeit nicht in Planung. Wir haben den Fokus auf unsere Jugendabteilung, und da sind wir gut unterwegs", sagt Kommunikationschef Christian Kircher. Bei Rapid scheitert es an Ressourcen und Trainingsmöglichkeiten.

Suchen oder scheitern

Aus den zehn Vereinen der ersten Frauen-Liga sticht vor allem Meister St. Pölten heraus. "Das Umfeld hier ist einfach perfekt", sagt Jasmin Eder. Die 25-Jährige ist eine der wenigen Bundesligaspielerinnen, die regelmäßig ins Nationalteam einberufen werden. Der Qualitätsunterschied zwischen dem Liga-Alltag und internationalen Spielen sei "erheblich". Eders Karriere wäre fast vorbei gewesen, ehe sie richtig begonnen hatte: "Ich war schon immer fußballbegeistert, aber als meine Eltern und ich damals bei einem reinen Bubenverein angefragt haben, wurde sofort abgeblockt. Ich hatte gar keine Lust mehr auf Vereinsfußball, bis der USC Landhaus an mich herangetreten ist."

Viele Vereine lassen bis ins Teenager-Alter gemischt trainieren, dann wird aber auf die Buben fokussiert. Die Mädchen müssen sich also um einen Frauenverein umsehen. Selbst wenn man es in die Liga geschafft hat, bleibt vor allem der Sport. Wenn überhaupt, können gerade einmal eine Handvoll Spielerinnen vom Sport leben. Über den Verein angemeldet sind auch nur ein paar.

"Infrastrukturell und organisatorisch bewegen wir uns bis auf ein paar Ausnahmen in der Frauen-Liga auf Gebietsliga-Niveau", sagt Gernot Zirngast von der Vereinigung der Fußballer. Mitglied bei der Gewerkschaft ist bisher keine Fußballerin, "dabei sind wir an einige herangetreten – vor allem nach den Ereignissen in Dänemark und Norwegen" .

Skandinavische Vorbilder

In Norwegen kassieren die Teamspielerinnen dieselben Prämien wie ihre Kollegen. Die Däninnen sagten im Kampf um Gleichberechtigung gar ein WM-Qualispiel ab. Die Gehaltsunterschiede zwischen Männern und Frauen sind wohl in keinem anderen Profisport derart groß. Große Sprünge sind in naher Zukunft nicht zu erwarten. Der ORF überträgt immerhin seit heuer auch Spiele der Liga. Beim ÖFB ist der Frauenfußball nicht in der Schublade. Neuhold: "Wir haben nach der EM einen Maßnahmenkatalog erstellt, der abgearbeitet wird." 2020 findet in der Wiener Generali Arena das Finale der Women Champions League statt. Eine österreichische Beteiligung ist da eher ausgeschlossen. Die Aufmerksamkeit soll aber den Frauenfußball noch weiter bringen. Denn ewig lässt es sich im Schatten nicht leben. (Andreas Hagenauer, 17.8.2018)