Es gäbe so viele Möglichkeiten, ein Gespräch zu beginnen. Etwa mit "Wie geht's dir?" oder "Was machst du so?". Als Journalistin habe ich zum Beispiel auch einen ziemlich interessanten Job. Meine Hobbys erstrecken sich von Acro Yoga über Dungeons-and-Dragons-Rollenspiele bis zu einer Begeisterung für American Football – über all das könnten wir sprechen. Stattdessen kommt immer wieder die Frage: "Woher kommst du eigentlich?" An einer Hand kann ich nicht einmal abzählen, wie oft ich sie allein diesen Sommer schon gehört habe. Für mein Gegenüber ist es eine selbstverständliche Frage, oft mit ernsthaftem Interesse verbunden. Ich aber werde damit gleich zu Beginn auf eine Äußerlichkeit reduziert.

Wenn ich auf die Frage wahrheitsgemäß mit "Wien" antworte, wird das leider selten akzeptiert. Meistens gibt es dann eine unangenehme Pause, ich merke, es rattert im Kopf meines Gegenübers. Dann folgt meistens die Frage nach meinen Eltern oder meinen Wurzeln. Oder ein "Aber woher kommst du wirklich?", womit mir dann auch noch unterstellt wird, ich hätte zuvor gelogen.

Manchmal ist es mir zu blöd. Manchmal antworte ich mit "Aus Wien, aber meine Eltern sind aus dem Irak", um es abzukürzen, das Thema zu wechseln. Ich schäme mich nicht für die Antwort, ganz im Gegenteil. Die Häufigkeit, mit der ich mit der Frage konfrontiert werde, nervt aber einfach.

Notwendiger Perspektivenwechsel

Es sei doch nur Neugier, sagen die Fragenden oft als Antwort auf Kritik. Harmlose Neugier. Vielleicht ist es das für die fragende Person tatsächlich. Aber für mich als immer wiederkehrendes, unfreiwilliges Objekt dieser Neugier ist sie alles andere als harmlos. Ein Perspektivenwechsel zeigt, warum. Der simple Versuch zu verstehen, was es bedeutet, diese Frage jedes Mal zu hören, wenn man jemanden kennenlernt.

Natürlich gibt es Menschen, die gern und ausgiebig darauf antworten. Aber es gibt eben auch jene, die nicht gern am Anfang eines Gesprächs ihre komplette Familiengeschichte offenlegen wollen – vielleicht auch weil sie dieses Land, das andere als ihre "eigentliche" Heimat begreifen, gar nicht kennen. Ich werde daran erinnert, dass es nicht "normal" ist, nicht akzeptiert wird, dass eine Österreicherin nichtweißer Hautfarbe vor einem steht. Ich werde zur Fremden, zur Anderen gemacht. So ein Gespräch kann ich nicht auf Augenhöhe führen.

Ist doch eine ganz normale Frage, sagt ein Bekannter. Die bekomme er auf Reisen auch ständig zu hören. Der Unterschied: Ich bin in Österreich nicht auf der Durchreise, sondern habe mein ganzes Leben hier verbracht, spreche fließend Deutsch, kenne kein anderes Zuhause als dieses. Diese Frage gestellt zu bekommen gibt mir immer und immer wieder das Gefühl, dass ich trotzdem nicht dazugehöre. (Noura Maan, 19.8.2018)