Lieber fixe Arbeitszeiten oder flexible Gleitzeit?

Foto: https://www.istockphoto.com/at/portfolio/rawpixel

Gewerkschaften und SPÖ haben wegen der Neuregelung der Arbeitszeit hin zu mehr Flexibilität bereits einen "heißen Herbst" angekündigt. Bitte nicht! Noch mehr Emotion und Konfrontation sind unnötig. In den vergangenen Monaten wurden Formulierungen aus den ganz alten Mottenkisten ausgepackt, die überhaupt nichts mehr mit der Wirklichkeit zu tun haben. Besonders beliebt die Mär von "bösen Unternehmern", die ihre "Lohnsklaven auspressen" wollen. Diese pauschalen Diffamierungen schaden dem Gesprächsklima und bringen inhaltlich nichts. Außerdem sind sie meist völlig an den Haaren herbeigezogen.

Bleiben wir bei der Realität. Ich bin Unternehmer. Ich führe ein kleines Familienunternehmen in der zweiten Generation. Mitarbeiterstand 75, erfolgreich sind wir vor allem im Export. Wie das möglich ist? Geht es nach einigen, ist es ganz logisch: Ich bin eben ein raffgieriger Kapitalist und beute meine Mitarbeiter einfach ausreichend aus. So ein Blödsinn! Wollen Sie wissen, wie die Realität wirklich aussieht für ein KMU?

Attraktivere Arbeitsplätze

Wir haben in den vergangenen Monaten und Jahren laufend in das Werk im Salzburger Land investiert. Wir haben das technische Büro generalsaniert, attraktivere Arbeitsplätze geschaffen, eine neue Gemeinschaftsküche eingerichtet, den Hallenboden komplett getauscht, Lärmschutzwände erneuert, eine der modernsten Schweißrauchabsaugungen in Europa installiert etc. Die Investitionen im sechsstelligen Bereich haben unsere Produktivität und unseren Umsatz nicht gesteigert.

Offenbar bin ich kein guter Kapitalist, denn ich habe in meine Angestellten investiert. Als Unternehmer weiß ich, was unseren Erfolg ausmacht: die Mitarbeiter. Diese zu finden und zu halten wird immer schwieriger, vor allem im höherqualifizierten Bereich. Ein faires Gehalt reicht schon lange nicht mehr. Ein attraktives Arbeitsumfeld gehört dazu. Gut qualifizierte Mitarbeiter lassen sich vom Geschäftsführer nichts gefallen – sie sind schneller weg, als man bis drei zählen kann.

Flexible Zeiten

Was die Arbeitszeit betrifft, herrscht in den Betrieben vielerorts ein gutes Einvernehmen zwischen Betriebsrat und Geschäftsführung. Ausbeutung braucht niemand zu erwarten, die neue Regelung bietet mehr Flexibilität. Dass Zentralorgane in Wien dann vielleicht weniger mitbestimmen können, ist vor Ort meist egal.

Ich habe meine Mitarbeiter gefragt, was sie lieber wollen: fixe Arbeitszeiten oder flexible Gleitzeit. Jeder hatte die freie Wahl. Alle meine Angestellten haben sich für die flexiblen Zeiten ausgesprochen. In Bewerbungsgesprächen ist die Frage nach flexiblen Arbeitszeiten inzwischen eine der wichtigsten. Verkehrte Welt: Offenbar sind meine Angestellten die schlimmeren "Raubtierkapitalisten" als ich. Das soll mir einer in der ÖGB-Zentrale in Wien einmal erklären. (Andreas Wimmer, 15.8.2018)