Wien/Stockholm – Die höhere Denkleistung von Vögeln und Säugetieren ist ihren im Verhältnis zur Körpermasse größeren Gehirnen geschuldet. Ein Forscherteam mit österreichischer Beteiligung hat sich nun die Entwicklung des Gehirns bei Säugern und Vögeln im Vergleich zu Fischen, Reptilien und Lurchen genauer angesehen. Dabei zeigte sich, dass bei ersteren die Phase des schnellen Gehirnwachstums in der Embryonalentwicklung verlängert ist.

Die Forscher um Masahito Tsuboi von der Universität Oslo verglichen die Hirn- und Körpermassen von 20.293 ausgewachsenen Individuen aus 4.587 Wirbeltierarten. Darunter waren Säugetiere wie Menschen und Affen, Wale, Elefanten und Mäuse, Vögel wie Hühner, Spatzen, Raben und Pelikane sowie Amphibien wie der Laubfrosch und Alpensalamander, Reptilien wie Alligatoren, Kreuzottern und Lederschildkröten, Knorpel- und Knochenfische wie Haie, Mantas, Karpfen und Makrelen, erklärte der österreichische Biologe Alexander Kotrschal, der am Department für Zoologie der Universität Stockholm arbeitet.

Gebrochene Allometrie-Regel

Während bei den Fischen, Reptilien und Lurchen das Verhältnis von der Hirn- und Körpergröße starr ist – man nennt dies "Allometrie-Regel" – gilt dies bei Vögeln und Säugern nur bedingt. Freilich besitzen Wale und Strauße größere Hirne als Mäuse und Spatzen, aber innerhalb der Arten haben Säugetiere und Vögel diese Regel gebrochen, so die Forscher. Bei den Menschen hat zum Beispiel ein hünenhafter Basketballstar kein größeres Gehirn als etwa ein schmächtiger Jockey. Bei Fischen hingegen weisen größere Exemplare umso größere Denkorgane auf.

Die Wissenschafter haben auch das Gehirn- und Körperwachstum bei Embryos der verschiedensten Tierarten untersucht. Bei allen gab es eine Phase, in der das Gehirn schnell an Größe zulegt. Später wird das Gehirnwachstums jedoch gedrosselt, und der Körper legt zu. Bei Vögeln und Säugetieren sei die erste Phase mit rapidem Gehirnwachstum im Vergleich zu Fischen verlängert", schreiben die Forscher im Fachblatt "Nature Ecology and Evolution". Diese Phase auszudehnen verhilft ihnen also zu größeren Denkorganen und macht sie kopflastig.

Das Gehirnwachstum verschlingt allerdings eine große Energiemenge und braucht seine Zeit. Vögel und Säugetiere haben dieses Problem wohl durch Brut- bzw Nachwuchspflege gelöst, meinen die Forscher. Bei den anderen Wirbeltieren gibt es diese nur sehr selten, was ihnen auch größere Hirne verwehre. (APA, red, 15.8.2018)