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Die türkische Wirtschaft steht wegen der US-Zölle auf Stahl und Aluminium unter Druck, Präsident Erdoğan gibt sich angriffslustig.

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Für die Verkündigung des gescheiterten Putschversuchs per Facetime war das iPhone noch gut genug.

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Istanbul – Im Streit mit den USA hat der türkische Präsident Tayyip Erdoğan einen Boykott elektronischer US-Produkte angekündigt. "Wenn die ihre iPhones haben, gibt es auf der anderen Seite Samsung, und wir haben unser eigenes Vestel", sagte Erdoğan am Dienstag und bezog sich dabei auf den südkoreanischen Apple-Rivalen und den türkischen Elektronikgerätehersteller, dessen Aktien um fünf Prozent zulegten.

Vor Abgeordneten seiner AK-Partei sagte Erdoğan, es sei wichtig, an "unserer entschiedenen politischen Haltung" festzuhalten. Er rief Unternehmen auf, ihre Investitionspläne in der Türkei nicht auf Eis zu legen. "Wenn wir unsere Investitionen verschieben, wenn wir unsere Währung aus Furcht in ausländische Währungen umtauschen, dann werden wir uns dem Gegner ergeben haben."

Keine Werbung schalten

Schon seit Tagen kursiert auf Twitter die Forderung, keine Werbung mehr bei US-Firmen zu schalten. Turkish Airlines schloss sich am Dienstag der Bewegung an und verkündete, die notwendigen Anweisungen erteilt zu haben.

Das Verhältnis der Türkei zu den USA ist seit längerem angespannt, hat sich zuletzt aber wegen des Streits um die Inhaftierung des US-Pastors Andrew Brunson noch einmal verschlechtert. Der evangelikale Pfarrer sitzt seit Oktober 2016 unter Spionage- und Terrorvorwürfen in türkischer Untersuchungshaft. Anfang August verhängte US-Präsident Donald Trump in dem Fall Sanktionen gegen zwei türkische Minister, woraufhin die Lira drastisch einbrach.

Lira legte leicht zu

Insgesamt war die Rede Erdoğans aber gemäßigter als die Ansprachen in den vergangenen Tagen. Die Lira hatte am Vormittag leicht zugelegt, nachdem am Montag die Zentralbank und andere Regierungsbehörden erste Notfallmaßnahmen gegen den rasanten Liraverfall ergriffen hatten. Außerdem will Finanzminister Berat Albayrak am Donnerstag per Telefonkonferenz mit Investoren unter anderem aus den USA und Europa sprechen.

Erdoğan versicherte in seiner Rede, dass die Türkei "eines der stärksten Bankensysteme" der Welt habe. Zwei wichtige Wirtschaftsverbände, der Unternehmerverband Tüsiad und die Union der Kammern und Börsen in der Türkei (Tobb), erklärten am Dienstag ebenfalls, dass die türkische Wirtschaft auf einem stabilen Fundament stehe. Sie forderten aber auch sofortige Maßnahmen von der Regierung und betonten, die Beziehungen zu "unserem wichtigsten Wirtschaftspartner", der EU, müssten gestärkt werden.

Annäherung an Europa

Tatsächlich könnte die Verschärfung der Beziehungen zu den USA die Türkei nach Worten von Finanzminister Berat Albayrak wieder näher an Europa rücken. Albayrak sagte am Dienstag in Ankara, eine Vertiefung der Beziehungen zu Europa und eine langfristige Kooperation sei die beste Antwort auf die Bedrohung durch die USA.

Er fügte hinzu, dass Äußerungen der deutschen Bundeskanzlerin Angela Merkel, des deutschen Wirtschaftsministers Peter Altmaier und des italienischen Außenministers Enzo Moavero Milanesi gezeigt hätten, wie "unfair und böswillig" es sei, was der Türkei widerfahre. Albayrak betonte, die "Äußerungen des gesunden Menschenverstandes" aus Europa seien wichtig. Sie stärkten das Vertrauen der Türken in Europa.

Unterstützung aus Russland

Unterstützung bekommt die Türkei indes aus Russland. Gemeinsam haben beide Länder die Politik der USA scharf kritisiert und ihnen "Schikane" vorgeworfen. "Diese Politik darf nicht fortgesetzt werden", sagte der russische Außenminister Sergej Lawrow bei einem Besuch in Ankara am Dienstag. "Wir sehen die Verschärfung von Sanktionen als nicht legitime Politik", sagte Lawrow.

Die USA wollten den Ton in internationalen Angelegenheiten ohne Abstimmung mit anderen Staaten vorgeben, so der russische Außenminister. Beide Länder sind von neuen Sanktionen durch die USA betroffen. In der vergangenen Woche hatte Washington sowohl Strafmaßnahmen gegen Moskau als auch gegen Ankara verhängt. Im Fall der Türkei verdoppelte US-Präsident Trump Strafzölle auf Stahl- und Aluminiumimporte aus der Türkei. Die Lira, die seit Monaten schwächelt, ging daraufhin in den freien Fall.

Lawrows türkischer Kollege Mevlüt Çavuşoğlu forderte während der gemeinsamen Pressekonferenz, dass die "Ära der Schikanen" enden müsse. Die USA würden nur respektiert werden, "wenn sie anderen Ländern und ihren Bedenken zuhören und alle als gleich ansehen". (APA, 14.8.2018)