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Lleyton Hewitt hält nicht viel von den angedachten Reformen im Davis Cup. Mitte September trifft sein Team Australien auf Österreich.

Foto: AP Photo/Tertius Pickard

Melbourne – Seit Wochen herrscht reger Email-Verkehr zwischen den diversen nationalen Tennisverbänden. Es gibt zahlreiche interne Konferenzen, Gespräche mit Profis und Telefonate: Grund ist die große Abstimmung im internationalen Tennisverband (ITF) am kommenden Donnerstag über ein neues Davis-Cup-Format, das in Orlando (US-Bundesstaat Florida) die Weichen für die Zukunft stellen soll.

Australien vehement dagegen

Australische Tennis-Helden aus vier Generationen haben sich am Samstag in einer Aussendung des australischen Tennisverbands geschlossen gegen die Reformpläne ausgesprochen. Angeführt vom aktuellen Davis-Cup-Kapitän Lleyton Hewitt, der ja Mitte September beim Weltgruppen-Play-off Österreich – Australien in Graz zu Gast sein wird, äußern sich Legenden wie Rod Laver, John Newcombe, Patrick Rafter oder Pat Cash.

"Ich bin natürlich völlig gegen diese Änderungen im Davis Cup und ziemlich frustriert darüber, was da passiert und die fehlenden Informationen. Den Bewerb, den sie vorschlagen, kann man nicht Davis Cup nennen", erklärte Hewitt. "Wie kann ein Milliardär daherkommen, und sich einfach in eine der größten Sportveranstaltungen einkaufen? Da geht es nur ums Geld, nicht darum, sein Land zu repräsentieren."

Hewitt und seine Mitstreiter sprechen sich für das Beibehalten des Heim- und Auswärtsmodus ebenso wie für die Fünf-Satz-Regelung aus. "Zuhause oder sogar auswärts vor leidenschaftlichen Fans zu spielen, das ist ein Teil des Grundes, warum wir spielen möchten. Ich bin sehr stark gegen diesen Vorschlag und werde alles tun, um Tennis Australia zu helfen, dagegen anzukämpfen."

Pat Cash fügte etwa hinzu, dass er glaube, der "großartigste Tennis-Teambewerb" werde kaum überleben. "Die wirklich traurige Sache ist, dass die Jugend der meisten Nationen seine Helden kaum noch persönlich wird sehen können."

Hin- und Herüberlegungen im ÖTV

Selbst innerhalb des Österreichischen Tennisverbands (ÖTV) sind die Meinungen geteilt. Man möchte auch noch letzte Informationen vor Ort abwarten, ehe das Präsidium in einer Telefonkonferenz darüber entscheidet, ob der ÖTV für oder gegen den Vorschlag stimmt. Dies bestätigte ÖTV-Geschäftsführer Thomas Schweda: "Mein Empfinden ist, aber das ist nur meine persönliche Meinung, dass schon eine Vielzahl der Kontinentalverbände eigentlich für die Sache ist. Es ist eine schwere Entscheidung für den Verband: Auf der einen Seite wird das Format ruiniert, auf der anderen Seite ist es auch eine sehr betriebswirtschaftliche Ausrichtung für die Zukunft", sagte Schweda. Schweda reiste bereits am Samstag gemeinsam mit ÖTV-Präsident Werner Klausner nach Florida.

Wladimir Dmitrijew, der russische Präsident von Tennis Europe, sorgte zusätzlich mit einer verbalen Attacke auf ITF-Präsident David Haggerty für Unruhe. In einem Brief an seine 50 Mitgliedsverbände bekrittelte der Russe, dass Haggerty verschwiegen habe, dass der französische Verbandspräsident Bernard Giudicelli Ende des Vorjahres wegen Diffamierung verurteilt worden sei. Giudicelli, der dem Vernehmen nach für die Reform ist, wäre demnach als ITF-Board-Mitglied laut Statuten sofort aus dem Board zu entfernen gewesen.

Barcelona-Sponsor als Geldgeber

Bei der Abstimmung am Donnerstag ist eine Zwei-Drittel-Mehrheit nötig, viele Traditionalisten sperren sich gegen die verlockende Geldflut, die der 25-Jahre-Deal mit der von Fußball-Star Gerard Pique gegründeten Investment-Gruppe Kosmos anbietet. Hinter Kosmos steckt übrigens auch Hiroshi Mikitani, der Vorsitzende des japanischen Internetunternehmens Rakuten, der seit 2017/18 Trikotsponsor des FC Barcelona ist. Barcelona-Star Pique und seine Frau, Pop-Weltstar Shakira, sollen enge Freunde von Mikitani sein und damals den Deal für Barca eingefädelt haben.

Trotz diesem Background, – Rakuten gehört zu den größten zehn Internet-Unternehmen der Welt -, gibt es abgesehen von sportlichen Einwänden auch Zweifel, ob man tatsächlich die jährliche Summe von gigantischen 120 Mio. Dollar für 25 Jahre (also gesamt 3 Milliarden Dollar) garantieren könne. Und wie ein eventuelles Ausstiegs-Szenario aussehen könnte. Andererseits hat auch US-Milliardär Larry Ellison seine Unterstützung zugesagt. Ellison ist u.a. Besitzer der Indian Wells-Anlage in Kalifornien und hat schon seiner Hoffnung Ausdruck verliehen, das neue Davis-Cup-Finale 2021 veranstalten zu dürfen.

Die geplanten Reformen

Am 16. August fällt jedenfalls in einer anonymen Abstimmung die Entscheidung, ob die wohl einschneidendste Reform, die die ITF in den letzten Jahrzehnten gemacht hat, auch Realität wird. Geplant ist:

- Ein jährliches Davis-Cup-Finale zu Saison-Ende, bei der ein Weltmeister gekürt wird. In diesem Finalturnier sind insgesamt 18 Teams startberechtigt: 12 qualifizieren sich einer Heim- oder Auswärtspartie in einer Vorrunde im Februar mit 24 Nationen, zusätzlich haben die vier Halbfinalisten des Vorjahres einen Fixplatz und es gibt auch zwei Nationen-Wildcards. In sechs Round-Robin-Gruppen zu je drei Teams steigen die sechs Gruppengewinner sowie die zwei besten Gruppenzweiten ins Viertelfinale auf. Danach folgen noch Semifinali und Finale.

- Beim Finale werden pro Länderkampf zwei Einzel und ein Doppel an einem Tag ausgetragen. Jene Duelle im Februar sollen weiterhin aus vier Einzeln und einem Doppel bestehen (über zwei Tage), allerdings in allen Fällen nur noch im "best-of-three"-System. Die im Finale 17. und 18. Nation steigt in die Zonen-Gruppe ab, die Plätze 5 bis 16, sind im darauffolgenden Februar spielberechtigt.

Terminsuche im Vordergrund

Neben all den Vorbehalten in Sachen Finanzierung und möglichem Ausstieg ist freilich der Termin für das Finale das größte Problem. Stimmen, die für die Woche nach dem "Masters" in London, plädieren, werden von vielen Spielern von vorneherein abgeschmettert. Dadurch wäre die ohnehin immer wieder als zu lange kritisierte Saison für die Spitzenspieler erneut verlängert. Bleibt wohl die Woche Mitte September.

Für Spannung vor der Entscheidung ist jedenfalls gesorgt. Nicht zuletzt deshalb, weil die ATP in einem reformierten World Team Cup im Jänner in Australien selbst einen lukrativen Teambewerb plant. Wenig überraschend äußert sich Australien (wohl auch deshalb) gegen die ITF-Reform. Der Machtkampf zwischen ITF und ATP scheint jedenfalls größer als je zuvor. (APA, red, 11.8.2018)