Abtreibungsgegnerinnen feiern.

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Die Stimmung im Land war polarisiert.

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Mehr als 16 Stunden debattierten die Senatoren in Buenos Aires. Am späten Mittwochabend haben sie entschieden, und zwar, dass Abtreibung in Argentinien weiterhin bis auf wenige Ausnahmen illegal bleibt. Die Abstimmung war knapp: 38 Senatoren stimmten gegen einen Gesetzesvorschlag, der eine Abtreibung in der ersten 14 Wochen der Schwangerschaft legal ermöglicht hätte. 31 Senatoren waren dafür. Während im Senatsgebäude gestritten wurde, versammelten sich draußen auf dem Plaza del Congresso tausende Demonstranten – sowohl Gegner als auch Befürworter der geplanten Gesetzesänderung. Die katholische Kirche hielt eine "Messe für das Leben" in der Catedral Metropolitana ab.

Die Ablehnung des Gesetzesvorschlages ist ein heftiger Rückschlag für jene Grassroots-Bewegung, die sich seit Jahren mit immer mehr Erfolg für eine Legalisierung des Schwangerschaftsabbruches in Argentinien einsetzt. Im Juni stimmte die Abgeordnetenkammer des Parlaments mehrheitlich für die Legalisierung. Aber erst mit der Zustimmung des Senats, hätte das Gesetz in Kraft treten können.

Vergleich mit Nationalsozialismus

In den Wochen vor der Abstimmung nahm die öffentliche Debatte an Fahrt auf. Vor allem die katholische Kirche mobilisierte intensiv gegen die Legalisierung des Schwangerschaftsabbruches. Selbst der Papst mischte sich ein. Franziskus, der ursprünglich aus Argentinien stammt, hatte noch im Juni Abtreibung mit den Eugenik-Programmen der Nationalsozialisten verglichen und Familien dazu aufgerufen, die Kinder anzunehmen, die Gott ihnen gibt. Auch Senatoren aus konservativen Provinzen traten den Legalisierungsbestrebungen vehement entgegen.

Beziehung Staat und Kirche

Obwohl der Einfluss der katholischen Kirche bei dieser Abstimmung nicht kleinzureden ist, hat sich die enge Beziehung zwischen Staat und Kirche in den vergangenen Jahren etwas gelockert. Argentinien war im Jahr 2010 das erste lateinamerikanische Land, das die Ehe für alle ermöglichte. Auch dagegen kampagnisierte die Kirche – im Unterschied zur aktuellen Abtreibungsdebatte allerdings ohne Erfolg.

Die politische Elite des Landes war in der Abtreibungsfrage gespalten. Präsident Mauricio Macri von der konservativen Partei Propuesta Republicana hat sich zwar persönlich gegen die Legalisierung ausgesprochen, seinen Regierungskollegen aber geraten ihrem Gewissen zu folgen. Gesundheitsminister Adolfo Rubinstein unterstütze das Vorhaben. Laut Schätzungen des Gesundheitsministeriums werden jedes Jahr rund 354.000 illegale Schwangerschaftsabbrüche durchgeführt. Die Befürworter der Legalisierung argumentieren auch mit der Gesundheit der Frauen. Mehr als 40 Frauen sind vergangenes Jahr nach einem illegalen Schwangerschaftsabbruch gestorben. Derzeit ist eine Abtreibung nur nach einer Vergewaltigung erlaubt oder wenn das Leben der Mutter in Gefahr ist.

Auch aus anderen lateinamerikanischen Ländern kam Unterstützung für die Gesetzesänderung, in der Hoffnung, Argentinien könnte als Vorbild für das eigene Land dienen. Bisher ist in der Region Abtreibung lediglich in Uruguay und Kuba legal. (mka, 9.8.2018)