Diese Steine erfüllten einen für die Seefahrt unentbehrlichen Zweck.
Foto: Michael Brandl/ÖAW

Wien/Oslo – Im Schifffahrtsmuseum von Oslo befindet sich auch ein Haufen Steine, die aus dem Wrack eines Schiffes geborgen wurden, das im frühen 16. Jahrhundert vor der norwegischen Stadt Kristiansand gesunken war. Die 30 unbearbeiteten Feuersteine mit einem Durchmesser zwischen 15 und 40 Zentimetern waren als Ballast verwendet worden, um das Schiff auch bei rauer See stabil zu halten: eine Praxis, die bis in die Wikingerzeit zurückreicht, in diesem Fall aber vergeblich blieb.

Ein internationales Forscherteam mit österreichischer Beteiligung machte sich an die Analyse dieser Steine. Deren Funktion war zwar bekannt – die Wissenschafter interessierten sich aber für die Herkunft der Steinbrocken, weil diese Aufschluss über historische Handelsnetzwerke und Schifffahrtsrouten geben kann. Die Ergebnisse wurden im Fachmagazin "Plos One" vorgestellt.

Die Untersuchung

Unter der Leitung von Michael Brandl vom Institut für Orientalische und Europäische Archäologie der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (ÖAW) und Forschern des Zentrums für Baltische und Skandinavische Archäologie (ZBSA) in Schleswig ging man der Frage mit einer eigens entwickelten Methode nach: Zuerst verglichen die Forscher den Aufbau der Ballaststeine mit jenem aus bekannten Lagerstätten. Dann analysierten die Wissenschafter im Gestein eingeschlossene Fossilien, die eine Eingrenzung des Alters und der Herkunft ermöglichen.

Feuerstein bildet sich in Sedimentablagerungen und kann daher Fossilien von Pflanzen oder Tieren – hier im Bild Moostierchen – einschließen.
Foto: Michael Brandl/ÖAW

Nachdem klar war, dass die Steine nur aus Dänemark oder Norddeutschland kommen können, sammelten die Forscher Proben. Im detaillierten Vergleich mit den Feuersteinen aus dem Schiff, das nach seinem Fundort den Namen "Leirvingen 1" erhielt, wurde schlussendlich die Vigsø-Bucht an der Küste Jütlands im Norden Dänemarks als Herkunftsort identifiziert. Das Schiff muss in der Bucht vor Anker gegangen sein, um die Feuersteine an Bord zu nehmen, da es laut ÖAW damals keine Vorratshaltung von Ballast in den Häfen gab.

Die Forscher hoffen mit ihrer Methode auch andere Feuerstein-Funde zuordnen zu können. Immerhin ist das Material seit der Zeit des Homo erectus vor 700.000 Jahren in Verwendung und war für Werkzeuge verschiedenster Art stets hochbegehrt. "Von woher genau die Steine kamen, können wir jetzt besser rekonstruieren und damit auch die Vernetzungen und Handelsbeziehungen der Menschen über Jahrtausende", sagt Brandl. "Das Potenzial der neuen Methode ist riesig." (red, APA, 9. 8. 2018)