Honolulu – Die immer wieder für Schlagzeilen sorgende Korallenbleiche gilt als eines der sichtbarsten Zeichen dafür, wie die Erwärmung der Meere die dortigen Lebensgemeinschaften unter Druck setzt. Der fatale Mechanismus dahinter: Korallen erhalten ihre Farbe durch Einzeller, mit denen sie in Symbiose leben. Bei zu hohen Wassertemperaturen sondern diese jedoch Giftstoffe ab, wodurch die Korallen ihre Partner abstoßen müssen. Dauert dieser Zustand zu lange an, sterben die Korallen vollständig ab.

Im Fachmagazin "PeerJ" berichten Forscher nun aber, dass der Mechanismus nicht (mehr) so drastisch ablaufen muss wie bei seiner Erstbeobachtung in den 1970er Jahren. Das Team wiederholte nämlich ein über 40 Jahre altes Experiment und kam dabei zu ganz anderen und deutlich erfreulicheren Ergebnissen.

Hintergrund

In den frühen 1970er-Jahren untersuchten Forscher des Hawai'i Institute of Marine Biology und des Mid-Pacific Marine Laboratory der Marshallinseln, ab welchen Ozeantemperaturen Korallen anfangen zu bleichen. Es zeigte sich, dass die Temperaturtoleranz von Korallen sehr gering war: Ab ein bis zwei Grad über der normalen Maximaltemperatur setzte die Bleiche ein.

Fast ein halbes Jahrhundert später wiederholte ein Team – darunter auch Steve Coles, der an den damaligen Experimenten beteiligt war – die Versuche. Und zwar an den gleichen Stellen mit den gleichen Methoden und den gleichen Korallenarten. Die Korallen wurden für die Studie einen Monat lang normalen oder erhöhten Wassertemperaturen ausgesetzt und danach für weitere 28 Tage beobachtet.

Ganz anderes Resultat

Der Unterschied in den Ergebnissen war dramatisch: Die Temperaturtoleranz der untersuchten Korallen liegt demnach heute deutlich höher als damals. Bei drei hawaiianischen Korallenarten kam es erst verzögert zur Bleiche. 60 bis 90 Prozent der Korallen überlebten die wärmeren Temperaturen im Vergleich zu nur 0 bis 40 Prozent in den 1970ern. Auch die Wachstumsrate litt in der neuen Untersuchung weniger als damals.

Gründe für die höhere Temperaturtoleranz könnten sein, dass sich die Gemeinschaften der Symbiosepartner in den Korallen gewandelt haben oder dass natürliche Selektion zum Überleben robusterer Korallen geführt hat. Ebenfalls eine Rolle spielen könnte, dass sich die Wasserqualität am Ort der Experimente, der hawaiianischen Kane'ohe-Bucht, in den vergangenen Jahrzehnten verbessert habe. Denn Verschmutzung aus Abwässern könne das Bleichen befeuern, kommentierte Steve Coles. Das unterstreiche, wie wichtig auch Anstrengungen gegen Wasserverschmutzung zum Schutz der Riffe seien.

Wird es reichen?

Die Forscher warnen aber zugleich vor verfrühtem Optimismus: Die rasche Anpassungsfähigkeit der Korallen an höhere Temperaturen sei zwar ermutigend. Sie könnte aber dennoch zu langsam sein, um weitflächiges Korallensterben durch den Klimawandel zu verhindern, gab die an der Studie beteiligte Forscherin Ku'ulei Rodgers zu bedenken.

Erst kürzlich warnten Forscher der australischen James Cook Universität, dass der Klimawandel das ganze Ökosystem der Riffe verändere, weil einige Korallenarten anpassungsfähiger seien als andere. Von diesem Ökosystem sind viele weitere Meeresbewohner abhängig. 2016 und 2017 war die Korallenbleiche am Great Barrier Reef so umfangreich wie nie zuvor. (APA, red, 9. 8. 2018)