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Danil Lyssenko darf in Berlin sein Hochsprunggold nicht abholen.

Foto: AP/ Matthias Schrader

Mit Vorkämpfen – auch über 100 Meter und also für Österreichs Starter Alexandra Toth und Markus Fuchs – hebt Montag Nachmittag im Olympiastadion zu Berlin die 24. Leichtathletik-Freiluft-EM an. Russland ist erneut offiziell nicht mit von der Partie, weil der nationale Verband infolge des Skandals um Staatsdoping seit mehr als zwei Jahren suspendiert ist. Dabei sind aber mehr als zwei Dutzend russische Sportler, die als "neutrale Athleten" firmieren und ohne nationale Symbole auskommen müssen.

Misstrauen bestätigt

Am Status quo dürfte sich so bald nichts ändern, zumal der Fall des Hochsprung-Hallenweltmeisters Danil Lysenko die Kritiker in ihrem Misstrauen bestätigt. Der Leichtathletikweltverband (IAAF) entzog dem Topfavoriten die Startberechtigung, weil er es gleich mehrmals verabsäumt hatte, seinen Aufenthaltsort bekanntzugeben. Dopingkontrollen waren deshalb nicht möglich.

"Es zeigt, dass sie noch einen langen Weg gehen müssen, bevor wir sie unter ihrer eigenen Flagge starten lassen", sagte Svein Arne Hansen, der Präsident des europäischen Verbandes (EAA), zum Fall Lyssenko. Die IAAF habe vor Olympia 2016 eine sehr gute Entscheidung getroffen, dass Russland nicht als Verband teilnehmen durfte. "Sie müssen arbeiten, müssen Kriterien erfüllen."

Fortschritte

Erst vor wenigen Tage bestätigte die IAAF den Ausschluss der Russen erneut. "Es wurden in einigen Schlüsselpunkten Fortschritte gemacht, aber es sind auch noch einige Lücken zu schließen", sagte IAAF-Präsident Sebastian Coe.

Ohne die Wiederaufnahme der russischen Anti-Doping-Agentur (Rusada) in die Welt-Anti-Doping-Agentur (Wada), die Übernahme der angefallen Kosten und den Zugang zu weiteren Dopingproben im Moskauer Labor führt für Russlands Verband kein Weg zurück auf die internationale Bühne. Und vor allem im ersten Punkt sind die Fronten verhärtet. Noch immer weigert sich Russland, die Erkenntnisse des sogenannten McLaren-Reports zum Skandal rund um Olympia 2014 in Sotschi anzuerkennen.

Erst im Mai hatte die IAAF fünf russischen Gehern die Starterlaubnis aberkannt. Sie hatten ein Trainingslager bei Coach Wiktor Tschegin besucht. Dessen Schützlinge hatten für mehrere Dopingskandale gesorgt, Tschegin ist lebenslang gesperrt.

74 Ausnahmeanträge bewilligt

74 Ausnahmeanträge russischer Athleten wurden bewilligt, nicht alle schafften allerdings den Sprung nach Berlin. Staffelauftritte sind ohnehin nicht genehmigt. Trotz des Aus für Lyssenko haben die neutralen Athleten, die unter dem "Länderkürzel" ANA firmieren, einige Medaillenkandidaten. Allen voran die zweimalige Hochsprung-Weltmeisterin Marija Lassizkene und der Hürdensprint-Weltmeister von 2015, Sergej Schubenkow. Sollten die Topstars ihrer Favoritenrolle gerecht werden und Gold gewinnen, wird aber nicht die russische Hymne, sondern die Hymne des europäischen Leichtathletikverbandes auf dem Breitscheidplatz erklingen.

Bei den weiteren Auflagen orientiert sich die EAA am Weltverband. So müssen die Athleten in einer "neutralen Uniform ihrer Wahl" antreten. Diese darf aber keinerlei Ähnlichkeit mit dem eigentlichen Nationaltrikot oder der Flagge Russlands aufweisen oder deren Farben enthalten. Selbst Tätowierungen, Schmuck oder auch Nagellack in Landesfarben sind nicht gestattet.

Bei der vergangenen EM in Amsterdam war lediglich eine Russin am Start: Whistleblowerin Julia Stepanowa. Die 800-Meter-Läuferin, die mit ihrem Mann den Skandal ins Rollen gebracht hatte, durfte mit einer Sondergenehmigung teilnehmen, musste aber verletzt und ziemlich verzweifelt aufgeben. (sid, lü, 5.8.2018)