An heißen Sommertagen wird es eng am Wiener Donaukanal, wo Fußgänger, Radfahrer, Barbesucher und Fitnessfanatiker um Platz ringen. Aber das ist nichts im Vergleich zu den Kämpfen, die zwischen Lokalbetreibern und der Stadt Wien ablaufen – und für Zoff in der rot-grünen Stadtregierung sorgen.

Schon 2016 äußerte der Rechnungshof massive Kritik: Die Flächen am Kanal seien zu billig verpachtet worden. Auch dass ein Pächter mehrere Flächen hält, wurde bekrittelt. Ende vergangenen Jahres reagierte die Stadt. Sechs Flächen zwischen Augarten- und Franzensbrücke wurden neu ausgeschrieben: der Tel Aviv Beach, die Adria Wien, das Feuerdorf, die Badeschiff-Vorkaifläche, der Central Garden und die Hafenkneipe.

Die Verträge mit den Betreibern dieser Lokale laufen spätestens im Oktober 2018 ab. Zwar können sie sich erneut bewerben – für eine Pacht auf zehn Jahre – jedoch nur für eine Fläche. Ein Problem stellt das etwa für den Betreiber der Adria Wien und des Badeschiffs, Gerold Ecker. Er kündigte bereits im November 2017 an, rechtliche Schritte gegen die Neuauflagen einzuleiten und sich an der Ausschreibung nicht zu beteiligen, der STANDARD berichtete. Er hatte die DHK auf Unterlassung der Ausschreibung geklagt. Der nächste Gerichtstermin soll im Herbst stattfinden.

Streit am Donaukanal hat viele Seiten. Die aktuellen Betreiber sind grantig auf die DHK und die Stadt. In der Regierung sind Grüne und Rote unterschiedlicher Auffassung.
Foto: Markus Sulzbacher

Keine Räumung von Adria

Einen Zwischenerfolg hat Ecker jedoch bereits. "Die Stadt Wien hat bei der versuchten Räumung der Adria Wien ohne rational ersichtlichen Grund geklagt und dieses Vorgehen wurde gerichtlich abgewiesen", heißt es in einer Stellungnahme Eckers auf der Homepage der Adria Wien. Die Stadt Wien wollte zuvor die Glaspavillons bei der Adria Wien räumen lassen. Das Räumungsbegehren wurde vorerst abgewiesen. "Das (noch nicht rechtskräftige) Urteil bestätigt die Position, dass die Kernfläche der Adria Wien weiterhin auf Basis des bestehenden Vertrags betrieben werden kann", so Ecker.

Laut Donau Hochwasserschutz Konkurrenz (DHK), in der Bund, Wien und Niederösterreich vertreten sind, und die als Grundeigentümerin die Flächen ausgeschrieben hat, haben sich ansonsten alle Betreiber der aktuellen Gastroflächen beworben. Rund 40 Projekte schafften es in die zweite, finale Phase. Unter ihnen auch die momentanen Betreiber. Die Gewinner sollen bis Sommerende gekürt werden.

Bittschreiben

In der Hafenkneipe hat man bereits seit längerem ein "Bittschreiben" aufgesetzt: "Auch wenn man Glanz und Gloria aus dem Kanal machen möchte, diese Ecke hat auch die Infrastruktur nicht dazu", heißt es etwa darin. Man wolle die "wunderbare Atmosphäre am Donaukanal" erhalten. Die Bürgerinitiative "Donaucanale für alle" wünscht sich, die "Einbindung der umliegenden Bezirke" zur "Erhaltung eines lebenswerten, attraktiven Donaukanals für alle".

Die Konfliktlinien verlaufen jedoch nicht nur den zwischen den momentanen Betreibern und der DHK. Sondern auch innerhalb der Koalitionsparteien. Die Bezirksvorsteherin der Leopoldstadt, Uschi Lichtenegger (Grüne), forderte die zuständige Stadträtin Ulli Sima (SPÖ) in einem Statement auf, als Vertreterin der Interessen Wiens "ihr Vorgehen in Sachen Neuausschreibung der öffentlichen Flächen am Donaukanal sofort zu unterbrechen". Und auch Vizebürgermeisterin Maria Vassilakou (Grüne) ließ Sima ihre Abneigung in puncto Neuausschreibung von Anfang an spüren. "Die Ausschreibung enthält nun Passagen, die mich befürchten lassen, dass hier Fastfoodketten und Luxusgastronomie als einzige gewinnen können", sagte Vassilakou im Gespräch mit dem STANDARD Ende vergangenen Jahres. Auch heute bleibt Vassilakou auf STANDARD-Anfrage bei ihrem Standpunkt: Es habe sich nichts geändert, darum bleibe die Kritik aufrecht, heißt es aus dem Büro der Vizebürgermeisterin. "Wir wollen vielfältige Nutzungsmöglichkeiten statt Gewinnmaximierung am Donaukanal."

Wer bleibt und wer geht wird im Herbst klar sein. Nicht von der Ausschreibung betroffen sind jedenfalls die Summer Stage, das Badeschiff selbst, das Motto am Fluss und ihm gegenüberliegende Blumenwiese. Letztere erhielt ganz ohne öffentliche Ausschreibung Anfang 2017 der Gastronom Philipp Pracser, der einen langjährigen Vertrag innehaben soll. (Oona Kroisleitner, 4.8.2018)

DER STANDARD hat sich Ambiente und Essen in den verbleibenden Lokalen genauer angesehen. Das Fazit: Es gibt noch Luft nach oben.

Summerstage

Verträumt und idyllisch präsentiert sich die Summerstage fernab der angesagten Trampelpfade am Kanal. Sie ist der, für hippe Leute, eher uncoolere Platz am Donaukanal. Hier ist es nicht notwendig, seinen durchtrainierten, sonnengebräunten Body jedem zu zeigen, der ihn nicht sehen will, oder den Champagnerkühler aus allen Perspektiven zu fotografieren – vorausgesetzt, Hausherr Ossi Schellmann vermietet die Location nicht gerade für eine C-Promi-Veranstaltung.

Foto: Alex Stranig

Wer nicht auf Schellmanns Terrasse sitzen mag, kann auch in eines der anderen Lokale ausweichen. Wahrscheinlich wäre es aber ein Fehler, ist es doch der netteste Platz der Summerstage – vor allem wenn man direkt am Wasser sitzt. Was hier serviert wird, darf durchaus als solide und bemühte Sommerküche bezeichnet werden. Bei frittierten Ährenfischerln oder gegrilltem Ziegenkäse kann man auch wenig falsch machen. Steinpilzravioli verlangen da schon mehr Gespür.

Foto: Alex Stranig

Die Tascherln geraten etwas letschert und schwimmen in Buttersuppe. Eine Anlehnung an den Donaukanal?

Foto: Alex Stranig

Dann schon lieber auf den Punkt gebratene Lachsforelle mit Erbsenpüree und geschmorten Tomaten.

Roßauer Lände 17
1090 Wien
www.summerstage.at

Die Blumenwiese

Und plötzlich war da eine Blumenwiese – der neue Beachclub am Donaukanal, der größer und moderner sein sollte als alles, was man bisher am Rande der Kaimauer gesehen hat. Der künstlich angelegte Strand mit jeder Menge Liegestühle lässt schlimme Pauschalurlaubserinnerungen wach werden. Zum entspannten Verweilen laden Lounges mit riesigen Sofaecken ein.

Foto: Alex Stranig

Wer es nicht ganz so gemütlich braucht, kann seinen Sommerspritzer auch auf einem der massiven Holzpfosten einnehmen, die als Sitzgelegenheiten dienen. Wo serviert wird und wo man sich sein Getränk selbst holen muss, ist nicht klar. "Hier ist wohl Selbstbedienung", konstatiert ein Gast nach viertelstündiger Wartezeit. Wer zu den glücklichen Sesselsitzern gehört, bekommt aber zumindest Trink- und Essbares zu Tisch gebracht. Der Double Cheeseburger mit Dry Aged Beef gelingt überraschend saftig.

Foto: Alex Stranig

Obwohl das Bun mindestens genauso trocken ist wie der Schmäh des Servierpersonals, muss sich die Blumenwiese beim Essensangebot nicht verstecken. Salate in ausgefallenen Varianten sind eine willkommene Abwechslung – solange man sie nicht im Liegestuhl oder am Pfosten zu sich nimmt.

Obere Donaustraße 100/1
1010 Wien
www.dieblumenwiese.at

Motto am Fluss

Eine Reihe von Gastronomen beschwert sich, es sei schwierig, hierzulande kompetentes und freundliches Servicepersonal zu finden. Bernd Schlacher muss also entweder ein richtiger Glückspilz sein oder seinen Mitarbeitern etwas bieten, das sie woanders nicht bekommen. Der Szenegastronom scheint seit Jahren ein gutes Händchen für Personal zu haben. Aber auch sonst dürfte er einiges richtig machen. Das Motto am Fluss spricht Fine-Dining-Liebhaber ebenso an wie Menschen, die gerne leistbares Essen in ausgezeichneter Qualität genießen wollen.

Direkt am Donaukanal, integriert in die Schiffsanlegestelle des Twin City Liners, findet man ein Restaurant im venezianischen Stil der 1950er-Jahre. Darüber befindet sich das Café mit Sonnenterrasse. Nicht nur der Ausblick auf den Kanal, auch die servierten Speisen im Café machen große Freude.

Foto: Alex Stranig

Steaksandwich zum Beispiel kommt als rosa gebratenes Beiried in knusprigem Öfferl-Baguette mit karamellisierten Zwiebeln und Babymangold daher und schmeckt süchtigmachend köstlich. Diese Glücksgefühle können nur noch der Platz direkt in der Sonne oder das überaus freundliche Personal toppen.

Franz-Josefs-Kai 2
1010 Wien
www.mottoamfluss.at

Badeschiff

Es gab irgendwann diesen Moment, als aus dem ursprünglich attraktiven Badeschiff ein ziemlich abgenutztes, mit Werbebannern vollgehängtes Schwimmteil wurde. Die zusammengeschusterte Bar oder der wie ein Fremdkörper wirkende Fußballkäfig über dem nicht mehr ganz so sauberen Pool wirken wenig einladend. Berliner, die ihr eigenes Badeschiff haben, werden diesem Koloss eher Parallelen zu einem besetzten Haus in Kreuzberg attestieren.

Mit den Jahren hat sich nicht nur die Einrichtung mehrmals geändert, auch das Lokalkonzept wechselte regelmäßig. Viele Gäste, die hier teilweise stundenlang bei einem (gratis) Wasser auf den vergilbten Liegestühlen in der Sonne liegen, scheint das nur wenig zu kümmern. Auch das Servicekonzept (Essen bestellen und bezahlen, 15 Minuten warten, zur Küche gehen und fragen, wieder zum Tisch gehen, weil noch nicht fertig, zehn Minuten später das mittlerweile kalte Essen abholen) wird kommentarlos hingenommen.

Foto: Alex Stranig

Zum Glück ist die abgekühlte Wurst im staub trockenen Hot-Dog-Weckerl aber zumindest in ordentlich Sauce ertränkt. Gut, wenn man beim Abholen des Essens auch an Servietten gedacht hat.

Donaukanal (Höhe Urania)
1010 Wien
www.badeschiff.at

(Alex Stranig, 4.8.2018)