Wien halbiert das Angebot an Deutschkursen für Asylwerber.

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Wien – Wien reduziert das Angebot von Deutschkursen für Asylwerber deutlich. Konkret werden im heurigen Kursjahr, das im Juli begonnen hat, nur noch 5.000 Plätze angeboten. Zuvor waren es 10.000 Plätze. Der Hauptgrund: Der Bund beteiligt sich nicht mehr an der Finanzierung – was Sozialstadtrat Peter Hacker und Integrationsstadtrat Jürgen Czernohorszky (beide SPÖ) scharf kritisieren.

Laut Hacker bräuchte es in der Bundeshauptstadt derzeit rund 7.500 Plätze. Der Bedarfsrückgang hat damit zu tun, dass nach dem deutlichen Abflauen der großen Flüchtlingsbewegung inzwischen weniger Menschen in der Grundversorgung sind. Im Juli 2017 waren es 20.600 Personen, die auf einen Asylbescheid gewartet hatten, im Juli 2018 17.400. Wobei zu beachten ist, dass viele davon Schüler sind, die Deutsch sowieso in der Schule lernen. Das Angebot der Stadt richtet sich indes an über 15-Jährige.

"Wir lassen uns nicht aus der Hand nehmen, dass wir die Maßnahmen, die es braucht, selber ergreifen", betonte Czernohorzsky. Das heißt: Wien stemmt die Verlängerung des Angebots selbst – auch wenn es nur 5.000 Plätze sind. Wobei das Paket in Höhe von fünf Millionen Euro wie bisher vom Europäischen Sozialfonds ESF kofinanziert wird.

Kneissl Wortbruch vorgeworfen

Vom Bund erhält Wien für dieses Angebot nun laut Stadtregierung keinen Cent mehr, bestätigt man auf STANDARD-Anfrage. Zuvor wurden die Deutschkurse zu 40 Prozent von Wien, zu 60 Prozent vom Bund getragen. Der Europäische Sozialfonds (ESF) verdoppelte die Summe. Nun will Wien mit einem abgespeckten Programm weitermachen – und greift dafür etwas mehr in die eigene Tasche. Das Paket mit 5000 Plätzen in der Höhe von fünf Millionen Euro wird wie bisher vom ESF kofinanziert.

"Die Integrationsministerin (Karin Kneissl, FPÖ, Anm.) hat angekündigt, dass es zumindest für Asylwerber mit hoher Bleibewahrscheinlichkeit Mittel geben wird", betont Czernohorzsky: "Jetzt sehen wir: Das ist nicht der Fall." Und das betreffe auch alle anderen Bundesländer und Kommunen, wobei man sich auf dieser Ebene einig sei, dass es Maßnahmen brauche, verweisen die beiden Sozialdemokraten auf entsprechende Beschlüsse der Flüchtlings- und Integrationsreferenten.

"Der Bund zieht sich davon zurück, real existierende Probleme lösen zu wollen", ergänzt Hacker. Das sei verantwortungslos. Denn derzeit dauerten Asylverfahren in Österreich zwei Jahre und länger: "Diese Zeit in der Grundversorgung darf nicht sinnlos verstreichen." Keine Begleitmaßnahmen in puncto Integration ab dem ersten Tag zu setzen erzeuge hohe gesellschaftliche Folgekosten, erklärte Czernohorszky.

Wichtig sei deshalb, die deutsche Sprache zu lernen, damit die Menschen für Jobs vermittelt werden können beziehungsweise recht bald auf eigenen Beinen stehen können, sobald sie einen positiven Asylbescheid haben. Und wenn sie nicht bleiben können, hätten sie zumindest etwas Sinnvolles gelernt, so der Tenor.

Steiermark mit eigenem Programm

In der Steiermark und auch in Graz ist das Programm für Deutschkurse für Asylwerber, das der Bund mitfinanziert hat, längst ausgelaufen, heißt es im Büro der Landesrätin Doris Kampus (SPÖ). Und auch der zuständige Grazer Stadtrat Kurt Hohensinner (ÖVP) unterstreicht im Gespräch mit dem STANDARD, dass die Landeshauptstadt von Finanzierungsproblemen wie in Wien nicht betroffen sei. Hier sei im Verein mit der Landesregierung schon vor einiger Zeit ein eigenes Deutschfördermodell namens "Startpunkt" entwickelt worden. An dieser zentralen Stelle werden sämtliche Angebote für Deutschkurse gebündelt. Asylwerber können sich hier für Kurse, die von verschiedenen Organisationen angeboten werden, anmelden. Finanziert wird dies von Land, Stadt und mit EU-Mitteln.

"Unerhört" findet Hacker, dass Türkis-Blau künftig den Bezug der Mindestsicherung an Deutschkenntnisse knüpfen will, andererseits aber das Angebot streicht. In Wien werden Kurse im Niveaubereich A1 bis B1 angeboten – inklusive spezifisches Vokabular aus den Berufszweigen Gastronomie und Verkauf, Selbstständigkeit, Handwerk und Technik sowie Gesundheit und Soziales. Abgesehen davon, dass der Bund dies unterstützen müsse, appelliert Hacker an die Regierung, darauf aufbauende Kurse beim AMS zu finanzieren. (APA, mue, ook, 3.8.2018)