Braucht es eine Helmpflicht am Fahrrad, zumindest für Pedelecs, oder sind wir alle mündig genug, um zu wissen, wann wir einen Helm brauchen?

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Unlängst, am Berg, oder was halt das Leithagebirge auch immer ist, oben, beim Wilden Jäger, kommt mir einer am Mountainbike entgegen, ohne Helm. Sein Fahrrad war eines dieser billigen, ersten Mountainbikes, aus den Jahren mit dem 1er ganz vorne. Noch mit Felgenbremsen und viel Lila am Rahmen. Während er an mir vorbeifuhr, klaubte ich mir gerade den halben Wald aus der Haut und dem Gewand. Ich hab wieder einmal ein gscheite Brezen gerissen. Natürlich hat es mich nicht am Helm geworfen. Dort, wo die nackte Haut war, fanden die wesentlichen Bodenberührungen statt. Mountainbiken ohne Helm? Für mich unvorstellbar.

Darwin-Award

"Geh bitte, glu", sagt Kollegin Franziska Z. (Name von der Redaktion nicht geändert), "was ist denn das für eine bescheuerte Frage an die User, ob sie mit oder ohne Helm fahren?" In ihrer Welt ist Radfahren ohne Helm gleichbedeutend mit Selbstverstümmeln mit Anlauf, scheint mir. Ich hab sie noch nie mit dem Rad fahren gesehen, aber ein recht erstauntes Gesicht, als ich sagte: "Auf der Straße fahre ich immer ohne Helm. Den setz ich nur auf, wenn ich am Berg trainiere." Gut, Kollegin Z. hält mich ohnedies nicht annähernd für den Zenit der menschlichen Evolution, aber in dem Moment überlegte sie wohl, eine Vorabnominierung für mich beim Darwin-Award.

Unlängst traf ich in der U-Bahn einen mir bekannten Anwalt. Er kam gerade von einer Verhandlung. Er war im feinen Zwirn unterwegs, das Hemd mit eingesticktem Monogramm, die Krawatte vom Designer, der Fahrradhelm vom Sportdiscounter. Er war mit dem Rad unterwegs, in der U-Bahn. Am orangen Kindersitz am Packlträger die feine Leder-Aktentasche. Ein Bild für Götter war er. Erst recht, als er später im Kaffeehaus doch noch den Helm abnahm. Verschwitzt klebten die Haare dort an seinem Haupt, wo der Helm keine Aussparung hatte. An den anderen Stellen standen die Haare in Büschel weg. Es ist ihm wurscht. Eitel ist er nur, wenn es um die Bilanz der gewonnenen Prozesse geht.

Pumps und anpumpern

Ganz anders verhält sich das bei einer Kollegin, die quasi ums Eck von mir sitzt. Sie ist hübsch, sie ist eitel, sie fährt oft mit dem Rad ins Büro, und sie würde eher ihre Acht-Zentimeter-Stöckelschuhe gehen Sechs-Zentimeter-Pumps tauschen, als einen Helm aufzusetzten. "Ich weiß", sagt sie, "es ist verrückt, ohne Helm zu fahren, vor allem, weil ich beinahe jeden Tag brenzlige Situationen erlebe."

Weder um Sicherheit noch um Eitelkeit geht es einem Bekannten. Er wäre für eine Helmpflicht am Fahrrad, zumindest auf Pedelecs. Er selbst fährt nicht Rad. Er fährt leidenschaftlich Auto und Motorrad. Er handelt mehr nach dem Auge-um-Auge-Prinzip. Denn in Wahrheit, vermute ich, ist es ihm gar nicht so wichtig, dass die Radler einen Helm tragen müssen. Davon würde er sofort absehen, wenn er wieder ohne Helm Motorrad fahren dürfte. Wobei der Helm, den er trägt, weder schützt noch der Straßenverkehrsordnung entspricht. Aber mit ihm darüber zu diskutieren raubt einem den letzten Nerv.

Aber jetzt ...

Doch nun genug der einführenden Worte. Es geht ja hier nicht um mich und meinen Bekanntenkreis, sondern um Ihre Meinung. Wie stehen Sie zum Fahrradhelm? Gehören Sie der Fraktion an, die ohne Helm keinen Meter am Rad zurücklegen würde? Oder sind Sie einer, der sich sehr gut daran erinnert, seine Kindheit auch ohne Helm überlebt zu haben? Ja? Dann Verraten Sie uns: Fahren Sie heute noch Rad?

Wären Sie für eine Helmpflicht auf Pedelecs? Oder würden Sie die Helmpflicht von 12 auf 16 oder 18 Jahre erhöhen wollen? Oder sie gar wieder verwerfen, weil man auch schon mit zehn Jahren eigentlich mündig genug ist, um zu wissen, wann man einen Helm für eine Ausfahrt braucht? Hatten Sie schon einmal einen Sturz, bei dem Sie froh waren, einen Helm zu tragen, oder einen, wo Sie sich wünschten, dass Sie einen getragen hätten? Oder fliegen Sie, wie ich, frei nach dem Murph'schen Gesetz, sowieso immer auf die eine Stelle, die ungeschützt ist? Helm am Fahrrad – Ja oder Nein? (Guido Gluschitsch, 3.8.2018)