Berkeley – Der Pilz Ophiocordyceps unilateralis hat es in den vergangenen Jahren zu einiger Berühmtheit gebracht: Er befällt in tropischen Wäldern lebende Ameisen und bringt sie dazu, auf eine hohe Stelle zu klettern, sich dort bis zum Tod festzubeißen und so dem Pilz die Möglichkeit zu geben, seine Sporen von der erhöhten Position aus zu verbreiten. Wegen der Fremdsteuerung, die sie gleichsam zu wandelnden Toten macht, werden die infizierten Insekten gerne als "Zombie-Ameisen" bezeichnet.

Diese Fruchtfliege ist vom Pilz am Rüssel festgeklebt worden und sieht dem Tod entgegen.
Foto: Carolyn Elya photo, UC Berkeley

Man muss aber nicht in den Dschungel vordringen, um derart Gruseliges zu finden. Für die Biologin Carolyn Elya reichte es schon aus, den Balkon ihrer kalifornischen Wohnung zu betreten – und das Gleiche kann einem auch hierzulande gelingen. Denn der Pilz Entomophthora muscae, der den Namen Fliegentöter trägt, kommt in den gemäßigten Breiten der ganzen Welt vor und geht auf durchaus ähnliche Weise wie Ophiocordyceps vor. Seine Opfer sind allerdings Fliegen, Stubenfliegen ebenso wie Fruchtfliegen.

Elya hatte eine Bio-Wassermelone auf dem Balkon liegen lassen und musste feststellen, dass sich um diese die Kadaver von Fruchtfliegen ansammelten. Beobachtungen ergaben, dass die Fliegen vor ihrem Tod ganz wie die Ameisen aus dem Regenwald auf einen erhöhten Punkt kletterten und dort verharrten. Sie spreizten die Flügel ab und entblößten den Hinterleib, der schließlich barst und die Sporen des Pilzes freisetzte.

Der Ablauf

Im Labor konnte Elya den Ablauf einer Infektion mit Entomophthora genauer nachvollziehen. Der Pilz befällt offenbar schon kurz nach der Infektion das Nervensystem der Fliege, um sie später steuern zu können. Zunächst ist der "Zombie-Fliege" noch kein ungewöhnliches Verhalten anzumerken – in dieser Phase zehrt der Pilz noch von den Fettreserven seines Opfers.

Sind diese aufgebraucht, beginnt er damit, die Organe der Fliege aufzuzehren. Gehirn und Muskulatur spart er sich dabei bis zuletzt auf, denn diese werden ja noch gebraucht, um sein Opfer ans gewünschte Ziel zu lenken. Dort angekommen, wächst der Pilz aus dem Saugrüssel der Fliege und klebt sie an ihrem Ankerpunkt fest, bis es Zeit für die Freisetzung der Sporen ist.

Weitere Untersuchungen sollen folgen

Elya, die über ihre Erkenntnisse im Magazin "eLife" berichtet, will sich nun den Umstand zunutze machen, dass Drosophila-Fliegen beliebte Modellorganismen in Biologie und Medizin sind und daher bis ins letzte molekularbiologische Detail erforscht wurden. Das wird für die nächste Phase im Studium des Fliegentöters nützlich sein: In der soll es darum gehen, herauszufinden, wie genau der Pilz die Fliege zum Klettern bringt. (jdo, 4. 8. 2018)