Die dreifache Boxweltmeisterin Nicole Wesner boxte in Wien um die Weltmeisterschaft. Privat wohnt sie in einer Altbauwohnung in Wien, die etwas von einem Fitnesscenter hat. In einer Ecke ihres Wohnzimmers hat es manchmal minus 180 Grad.

"Ich habe früher gerne schön und groß gewohnt, hatte einen gutdotierten Job und eine 80-Quadratmeter-Wohnung für mich allein. Vor neun Jahren, als ich mit dem Boxen angefangen habe, änderten sich meine Prioritäten aber komplett. Bevor ich mir einen neuen Tisch kaufe, kaufe ich mir lieber eine Massage und stecke jeden Euro in meinen Sport, damit ich noch bessere Trainingsbedingungen, noch ein Trainingslager finanzieren kann.

"Bevor ich mir einen neuen Tisch kaufe, kaufe ich mir lieber eine Massage." Boxerin Nicole Wesner in ihrer neuesten Errungenschaft fürs Wohnzimmer.
Foto: Lisi Specht

Jetzt habe ich eine kleinere Wohnung mit einem super Preis-Leistungs-Verhältnis. Dafür habe ich eine Kältekammer in meinem Wohnzimmer. An diesen großen blauen Klotz muss ich mich erst gewöhnen, denn ich bin schon eine Ästhetin. Das Ding dominiert ziemlich den Raum, und ich warte schon sehnsüchtig, bis mir bald eine etwas kleinere, weiße Version geliefert wird.

Das Boxen hat meine Art zu wohnen überhaupt sehr beeinflusst: Ich stehe in der Früh auf, trinke Kaffee, und dann gehe ich in die Kältekammer. Nach dem Training nutze ich sie dann noch einmal – sie dient zur besseren Regeneration. Ein wichtiges Utensil dafür sind meine warmen Hauspatschen. Ohne sie lassen sich die minus 130 bis 180 Grad Kälte nicht aushalten. In meinem Schlafbereich stehen auch noch ein Laufband und ein Rudergerät. Es ist dasselbe wie in der Serie House of Cards – mit einem Wasserbottich.

Fotos: Lisi Specht

Mein Lieblingsplatz ist in der Küche. Dort bereite ich gerne gesundes Essen zu. An der Wand hängt ein Zettel mit einer Anleitung, wie man Essen am besten kombiniert, um es gut zu verdauen, und eine Liste mit Rezepten für Salatdressings aus Obst und Gemüse. Ich habe ja jahrelang von Rohkost gelebt, war drei Jahre lang Frutarierin, 90 Prozent meiner Nahrung bestanden aus Obst. Heute esse ich wieder einmal eine warme Mahlzeit am Tag.

An der Küchenwand hängt das Bild von einem Yogi. Der erinnert mich an die Lebensweise "simple living – high thinking". Seit ein paar Jahren praktiziere ich Zen-Buddhismus. In letzter Zeit bin ich viel Ballast losgeworden: Ich bin in meinem Leben schon oft umgezogen und habe jedes Mal 1000 Bücher mitgeschleppt, die habe ich jetzt nicht mehr. Dasselbe habe ich demnächst mit meinen CDs und DVDs vor. Als ich einmal ein halbes Jahr in einem Zen-Tempel gewohnt habe, habe ich eine junge Frau kennengelernt, die nur ein paar Kleidungsstücke besaß und sechs Bücher. Da hat ein Denkprozess bei mir angefangen, was man wirklich braucht. Meine Wohnphilosophie ist Freiheit von allzu vielen Staubfängern, ich mag es luftig.

An meinen Wänden hängen keine Bilder, sondern nur Fotos. Den Vorraum ziert etwa ein Poster von Muhammad Ali. Er war ein besonderer Mensch im Boxsport und inspiriert mich.

Fotos: Lisi Specht

Auf den anderen Fotos sind enge Freunde, die mich schon zehn oder zwanzig Jahre meines Lebens begleiten. An anderen Bildern würde ich mich sattsehen. Natürlich stehen auch einige Pokale bei mir herum und Koffer mit Gürteln, die ich erboxt habe.

Ich bin ein effizienter Typ: Da ich viel unterwegs bin, weil ich mein Training an verschiedenen Standorten absolviere und viele Termine habe, sind die Geräte für das Ausdauertraining zu Hause, um Wegzeiten zu sparen. Ich nehme mir also gerne Arbeit mit – und dafür brauche ich eher gute Geräte als einen Schreibtisch.

Am liebsten würde ich meine Wohnung zu einem Gym umfunktionieren, und ich bin gerade am Überlegen, wie ich am besten Matten für Yoga und Gymnastik statt der alten Couch installieren kann. Die muss ich sowieso einmal entsorgen." (Marietta Adenberger, 21.9.2018)