Foto: Regine Hendrich

Das Frauenministerium und zuvor auch schon das Land Oberösterreich haben zahlreichen feministischen Organisationen für das kommende Jahr die Fördergelder gestrichen. Viele der betroffenen Vereine erfuhren in den letzten Wochen von ihrer künftigen finanziellen Situation, praktisch alle von ihnen arbeiten schon seit Jahren mit sehr geringen Mitteln und viel ehrenamtlicher Arbeit. Unter den betroffenen Vereinen finden sich feministische Bildungsprojekte ebenso wie eine Bäuerinnenvereinigung und der Klagsverband zur Durchsetzung der Rechte von Diskriminierungsopfern.

STANDARD: Sind Sie vom Umfang der Kürzungen bei frauenpolitischen Projekten überrascht?

Sauer: Nicht sehr, das Tempo überrascht mich aber schon. Anfang des Jahres wurden in Oberösterreich die Kürzungen allerdings schon vorexerziert. Deshalb war klar, dass auch die neue türkis-blaue Regierung feministische Kultur- und Bildungsarbeit und Projekte im migrantischen Umfeld angreift.

STANDARD: Warum eigentlich? Um viel Geld geht es ja nicht.

Sauer: Feministische und Genderfragen stehen im Zentrum des Kampfes um die Hegemonie der Rechten, das zeigt sich schon seit Jahren, und das alles kommt daher nicht sehr plötzlich. Es geht um keine großen Beträge, aber es geht um Themen mit einer sehr hohen symbolischen Bedeutung, und zwar in mehrfacher Hinsicht. An den Antifeminismus rechtspopulistischer Parteien wie der FPÖ werden Themen wie Familie oder ein "Wertegefüge", wie sie es nennen, aus Heterosexualität und Kleinfamilie geknüpft. Das alles sehen sie durch feministische Projekte bedroht. Die traditionellen Geschlechterverhältnisse sind der Kern ihres Gesellschaftsmodells, und deshalb sollen sie bewahrt bleiben. Deshalb werden feministische Projekte, die das infrage stellen, nicht mehr finanziert.

STANDARD: Die Förderabsagen werden immer wieder mit dem Fokus auf Gewaltschutz argumentiert.

Sauer: Dass ganz viel Geld aus Frauenbudgets in den Gewaltschutz verlagert wird, ist schon länger der Fall. Was nicht heißt, dass Gewaltschutzinitiativen im Geld schwimmen. Wir haben die Argumentation dazu schon vor Jahren untersucht und gesehen, dass das ganz stark mit einer Law-and-Order-Politik zusammenhängt. Da geht es um Sicherheit, da darf die Polizei eingreifen – das passt also zu dem herrschenden Sicherheits- und Law-and-Order-Diskurs der Bundesregierung.

STANDARD: Auf Gewaltschutz können sich aber auch große Teile der Gesellschaft einigen – was bei anderen feministischen Themen definitiv nicht der Fall ist. Könnte es auch damit zu tun haben?

Sauer: Da würde ich zustimmen, das ist sicher ein Konsensthema. Es passt auch in eine neoliberale Welt, in eine Welt, in der am Arbeitsplatz alle funktionieren sollen, mittlerweile auch Frauen. Da passen verletzte Frauen nicht ins Bild. Es verbinden sich also mehrere Logiken.

STANDARD: Was geht verloren, wenn die feministischen Vereine ihre Arbeit nicht mehr weiterführen können?

Sauer: Sie haben etwa im Bildungsbereich wichtige Vorarbeit darin geleistet, wie man sich Geschlechtergerechtigkeit zwischen Mann und Frau, neue Rollenbilder für Männer oder andere Familienkonzepte vorstellen kann. Gerade diese intellektuelle, geistige Vorarbeit und Verbreitung – durch Magazine, Kurse oder Bildungsarbeit – ist sehr wichtig. Wenn so etwas wegbricht, ist diese Denkarbeit für Gleichberechtigung bedroht, und ohne die bleiben wir stehen. Man braucht doch Ideen, Fantasie und auch Utopien, wenn man die Herausforderungen der Gesellschaft meistern will. Diese Denkbarkeit können Universitäten auch nicht allein leisten, es ist wichtig, dass sie auch von anderen Leuten an anderen Orten geleistet wird.

STANDARD: Haben Sie eine Erklärung dafür, dass es während der ersten schwarz-blauen Koalition in den Nullerjahren fast keine Kürzungen in der feministischen Bildungs-, Kultur- und Medienarbeit gab?

Sauer: Die schon erwähnte antifeministische konservative bis rechte Vorarbeit der letzten zehn Jahre, die in Europa, Russland oder auch den USA geleistet wurde, hat einen Schub bewirkt, dass nun Regierungen glauben, dass sie das jetzt gleich exekutieren können. Diese Vorarbeit zeigte sich etwa in der ganz starken Debatte um Gender-Mainstreaming, dass die niemand brauche, sie niemand verstehe – und sie wurde auch oft auf geschlechtergerechte Sprache reduziert. Das waren mitunter heftige Attacken. Da war etwa die Veränderung der Bundeshymne, die einen riesen Aufschrei brachte, oder denken wir auch an die Abtreibungsgegner, die regelmäßig ihre "Märsche für das Leben" abhalten. (Beate Hausbichler, 26.7.2018)