Rekonstruktion von Lingwulong shenqi.
Illustration: Zhang Zongda

Wir haben offenbar gerade Sauropoden-Wochen: Vor ein paar Tagen erst sorgte die Entdeckung des größten Dinosaurier-Fußes, den man je gefunden hat, für Aufsehen – prompt gingen Schlagzeilen über "Bigfoot" um die Welt. Das Tier, das außer seinem Spitznamen noch keine offizielle Bezeichnung erhalten hat, lebte vor etwa 150 Millionen Jahren und war ein Verwandter des Brachiosaurus.

Kurz darauf veröffentlichten chinesische Forscher im Fachmagazin "Nature" ihre Entdeckung. Diese ist noch einmal 24 Millionen Jahre älter und ebenfalls von besonderem Interesse – in dem Fall allerdings in erster Linie für Paläontologen, weil die Besonderheit zu einem Überdenken dessen führen dürfte, was man bisher über die Evolution der Sauropoden zu wissen glaubte.

Die Summe der gefundenen Knochen mehrerer Exemplare ergibt eine annähernd vollständige Skelettrekonstruktion.
Illustration: Shi Aijuan

Der Fund stammt aus der Lingwu-Region im Norden Chinas, die gewählte Bezeichnung Lingwulong shenqi bedeutet übersetzt in etwa "erstaunlicher Drache aus Lingwu". Gefunden wurde eine große Anzahl fossilierter Knochen mehrerer Exemplare der bislang unbekannten Spezies.

Diese gehörten offenbar zu Tieren unterschiedlichen Alters. Erste Schätzungen über die Maximallänge ausgewachsener Lingwulongs liegen zwischen 10 und 17 Metern, also deutlich unterhalb der Dimensionen der größten Sauropoden.

Eine der insgesamt vier Fundstätten von Lingwulong-Fossilien.
Foto: Xu Xing

Aus der Anatomie leiten die Forscher um Xing Xu ab, dass es sich um einen Neosauropoden handelte, also um einen Angehörigen der etwas avancierteren Sauropoden, die sich erst im Jura entwickelten. Dazu gehörten nahezu alle populären Spezies dieser pflanzenfressenden Riesen, ob Diplodocus, Brachiosaurus oder Titanosaurus. Innerhalb dieser Gruppe gehörte Lingwulong zur Diplodocus-Verwandtschaft, zudem ist er mit einem Alter von 174 Millionen Jahren der älteste Neosauropode, den man bislang kennt.

Überraschend war für die Forscher, dass der "erstaunliche Drache" in Ostasien entdeckt wurde, wo bislang keine Spuren der Diplodocus-Verwandtschaft gefunden worden waren. Deshalb hatten Forscher angenommen, dass sich diese Dino-Gruppe erst entwickelte, als der Superkontinent Pangaea auseinander brach – und so das heutige China nicht mehr erreichen konnte. Der neue Fund lässt hingegen darauf schließen, dass sich die Neosauropoden schon zuvor auf dem ganzen Superkontinent ausgebreitet hatten. (jdo, 30. 7. 2018)