Wien – Jeden Tag eine Kokosnuss – mit dieser Ration ist man selbst in der Hölle noch ganz gut versorgt. Für den Sträfling Henri Charrière, genannt Papillon, ist die nahrhafte Frucht, die er regelmäßig in seinem Wassereimer findet, ein Überlebensmittel par excellence. Längst hat er die Gefängniskolonie in Französisch-Guayana, in die man ihn zu Unrecht gebracht hat, hinter sich gelassen. Papillon befindet sich in Einzelhaft an einem Ort, an dem er nur noch einen Gegner hat – den Leiter des Straflagers, der alles daran setzt, seinen aufsässigsten Insassen zu brechen. Aber der denkt auch nach vielen Jahren der Verbannung nur an eines: Er muss irgendwie da raus.

Rami Malek (li.) und Charlie Hunnam in der Neuauflage von "Papillon".
Foto: Constantin Film

Die Geschichte von Papillon beruht auf Tatsachen. 1969 erschien das Buch, in dem Henri Charrière von seinen Erlebnissen erzählt, in Frankreich. Es wurde ein Welterfolg, und schon wenige Jahre später nahm sich Hollywood der Sache an: Auch der Film mit Steve McQueen und Dustin Hoffman wurde zu einem Klassiker. Wer etwas Überzeugendes über die extreme Belastbarkeit von Menschen finden will, ist hier besser versorgt als etwa bei Angelina Jolies Unbroken oder dem deutschen Kriegsheimkehrerdrama So weit die Füße tragen.

Charlie Hunnam als neuer Steve McQueen

Warum aber braucht es jetzt eine Neuauflage? Ganz einfach: Niemand braucht aus irgendwelchen Gründen wie politischer Aktualität ein Remake von Papillon, es ist aber auch nichts verkehrt daran. Denn Steve McQueen ist einer heutigen Generation nicht mehr so vertraut. Charlie Hunnam hingegen kennt man aus King Arthur und aus der Serie Sons of Anarchy. Er macht sich gut als der neue Steve McQueen, wobei der Wettbewerb im heutigen Hollywood unter den Strapazundern, wie man diesen Typus des höheren Heimwerkers nennen könnte, recht lebendig ist.

Trailer zu "Papillon".
KinoCheck

Das konventionelle Männlichkeitsbild in Papillon wird noch verstärkt dadurch, dass der Held einen Partner hat, der ganz anderen Kalibers ist: Ausgerechnet der fragile Brillenträger Louis (Rami Malek) wird zum wichtigsten Partner des virilen Papillon – eine Männerfreundschaft, die auf Gegensätzen beruht. In dem Papillon von 1973 hat Dustin Hoffman diese Rolle gespielt. Rami Malek, der Star mit ägyptischen Wurzeln, macht den neuen Papillon ethnisch wie geschlechterpolitisch komplexer. Das Überleben ist nicht mehr nur an Tugenden wie den harten Körper gebunden.

Der aus Dänemark verpflichtete Regisseur Michael Noer und der deutsche Kameramann Hagen Bogdanski sorgen für einen bildstarken Abenteuerfilm. Gleichwohl wirkt der neue Papillon wie ein Irrläufer aus anderen Zeiten, und weil das so ist, ist man mit dem Papillon von 1973, vor allem aber mit den Büchern von Henri Charrière besser versorgt. (Bert Rebhandl, 24.7.2018)