Mit einem Machtwort hat Kanzleramtsminister Gernot Blümel (ÖVP) für die österreichische Bundesregierung die Diskussion über eine namentliche Erfassung der Bezieher von koscherem Fleisch in Niederösterreich beendet. Eine "Registrierung von Kunden", die Fleisch von Tieren kaufen, welche gemäß jüdisch-orthodoxem Ritus geschlachtet wurden, werde es nicht geben, sagte Blümel.

Das ist gut so. Nach Tagen zunehmender innenpolitischer und internationaler Empörung über den Vorstoß des freiheitlichen niederösterreichischen Landesrats Gottfried Waldhäusl war es auch überfällig. Einziger Schönheitsfehler: Blümel hätte auch die von Waldhäusl mitgemeinten, beim Fleischkonsum streng halal lebenden Muslime erwähnen können.

Doch es war der Bezug auf strenggläubige Juden, der der Affäre besondere gesellschaftspolitische Relevanz verlieh: Wer mit emotionsgeladenen Tierschutzargumenten auf diese zahlenmäßig kleine Gruppe zeigt, träufelt reines Gift in das noch nicht abgeheilte Geschwür des abendländischen Antisemitismus.

Hinzu kommt der Vorschlag einer Registrierung: In der Nazizeit wurden Juden auf der Grundlage von Meldelisten aus ihren Wohnungen geholt und der Vernichtung in Konzentrationslagern ausgeliefert. Das macht derlei Überlegungen zu einer immensen Provokation.

Nun hat sich der von der Landes-ÖVP zum Tierschutz- und Asyllandesrat gemachte Waldhäusl mit diesen Vorschlägen besonders weit ins Braunstichige hineinbegeben. Sein politisches Vorgehen in diesem Fall glich jedoch durchaus jenem bei seinen früheren, zu Kampagnen aufgeblasenen Maßnahmen.

Etwa, als er im Mai 405 rechtskräftig negativ beschiedene Asylsuchende in Sammelquartiere des Landes umsiedelte. Sowie im Juni, als er schwerkranke Ausländer aus dem Caritas-Heim St. Gabriel wegbringen ließ.

In seinem Munde wurden abgewiesene Asylwerber zu "illegalen Zuwanderern" , Kranke zu einem Sicherheitsrisiko. Alles Weitere machte den Betroffenen ihre Unerwünschtheit klar; die, die konnten, tauchten ab (was im Fall von Ausländern, die das Land möglichst geordnet verlassen sollten, ein zweischneidiges Resultat ist).

Spätestens jetzt sollte klar sein: So schaut Politik aus, die auf Umdeutung, Stigmatisierung und Abdrängung setzt. (Irene Brickner, 20.7.2018)