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Die deutsche Bundeskanzlerin sieht eine "Verwahrlosung" in der Politik.

Foto: Reuters/FABRIZIO BENSCH

Die Frage ist natürlich grotesk, und sie sorgt auch für große Heiterkeit im Saal. Wen, Frau Bundeskanzlerin, würden Sie lieber auf Urlaub mitnehmen? Putin, Trump oder Seehofer? Das will an diesem Freitagmittag ein Journalist von Angela Merkel wissen.

Die Angesprochene zuckt mit keiner Wimper und antwortet höchst ernsthaft: "Die Frage stellt sich nicht. Urlaub ist Urlaub." Damit hat Merkel natürlich die Lacher auf ihrer Seite.

In einem Punkt geht es ihr wie Millionen Deutschen: Auch sie geht nächste Woche auf Urlaub. Zunächst wird sie zur Lohengrin-Premiere in Bayreuth erwartet, wohin sie danach reist, bleibt unklar. Eigentlich fährt Merkel traditionell nach Südtirol. Ob es stimme, dass sie diesmal nicht kommen werde, wegen der politischen Situation in Italien, will ein Kollege aus Italien wissen. Dazu sage sie nichts, lautet die Antwort.

Vor dem Kofferpacken ist Merkel am Freitag zur traditionellen Sommerpressekonferenz der deutschen Hauptstadtpresse gekommen. Sie macht keinen Hehl daraus, dass anstrengende Monate hinter ihr liegen – vor allem wegen des Streits mit CSU-Chef und Innenminister Horst Seehofer und der Auseinandersetzungen mit US-Präsident Donald Trump.

Auf Sprache achten

"Die Tonalität war oft sehr schroff", räumt Merkel mit Blick auf die wochenlange Asyldebatte zwischen CDU und CSU ein. Sie bemerke generell eine "gewisse Verwahrlosung" in politischen Debatten, das sei für sie allerdings Ansporn, "noch mehr auf meine Sprache zu achten".

Wie sie denn eigentlich mit Seehofer weiterhin zusammenarbeiten könne, wird Merkel gefragt. Ihre Antwort ist klar: "Für mich ist der Maßstab, dass Minister nur jemand sein kann, der diese Richtlinienkompetenz akzeptiert." Man darf das durchaus als Wink mit dem Zaunpfahl für Seehofer verstehen. Grundsätzlich aber meint Merkel, dass es wichtig sei, Meinungsverschiedenheiten auszutragen. Und schließlich habe man ja auch einen "Kompromiss gefunden, der die die Handlungsfähigkeit der Regierung sicherstellt." Das sei entscheidend.

Auch beim Thema Trump lässt sie sich nicht aus der Reserve locken. Er hat Europa als "Feind" bezeichnet. "Ich kann mir diese Wortwahl nicht zu eigen machen", meint Merkel und betont auch: "Ich werde weiterhin die transatlantische Partnerschaft pflegen und dafür werben." Allerdings könne man sich "nicht länger auf die USA als Ordnungsmacht verlassen".

Asylpolitik

Natürlich ist auch die Asylpolitik wieder Thema. Merkel betont: "Für mich ist wichtig, dass wir natürlich Außengrenzenschutz betreiben, aber ich habe Sorge, dass dieser als vollkommen einseitiges Vorgehen verstanden wird." Sie legt auch Wert darauf, mit den betroffenen afrikanischen Ländern zu sprechen, und betont: "Dieser Aspekt kommt mir im Moment manchmal zu kurz."

Doch Deutschland sei ja in die Arbeit der EU-Kommission und auch in jene der österreichischen EU-Ratspräsidentschaft eingebunden. Es werde sich für die österreichische Präsidentschaft "die Aufgabe ergeben, sich mit verschiedenen Facetten der Migration zu beschäftigen".

Apropos Aufgabe: An Rücktritt hat die Kanzlerin während des Streits mit der CSU nie gedacht. Sie will bis 2021 deutsche Regierungschefin bleiben. Denn: "Ich kann nicht finden, dass ich im Augenblick nicht gefordert bin." (Birgit Baumann aus Berlin, 21.7.2018)