Es gibt nicht viel zu lachen in Mamma Mia! Here We Go Again. Weder auf der Leinwand noch im Kinosaal. Das mag verwundern bei der Fortsetzung eines Musicalfilms, der in den vergangenen zehn Jahren zum Inbegriff eines Feelgoodmovies geworden ist. Worin unterscheidet sich der neue Film vom Überraschungserfolg von 2008?

Gehen mit viel Verve zur Sache und haben es wegen der Inszenierung dennoch schwer: Jessica Keenan Wynn, Lily James und Alexa Davies (v. li.).
Foto: Universal Pictures / Jonathan Prime

1. A cappella statt Singalong

Wer auf Abba setzt, kann aus dem Vollen schöpfen. Die Songs der Schweden haben sich in die DNA unserer Populärkultur eingeschrieben. Auch der Filmfortsetzung fehlt es keineswegs an Hits. Immerhin kommen Kracher wie Waterloo, Super Trouper oder Dancing Queen zum Einsatz. Selbst unbekanntere Songs wie The Day Before You Came haben ihre Qualitäten. Björn Ulvaeus und Benny Andersson, beide erneut in kleinen Cameo-Rollen zu erspähen, ließen ihre Songs textlich eigens für den neuen Film adaptieren.

Here We Go Again präsentiert die Nummern allerdings mit angezogener Handbremse, in A-cappella-Versionen oder abgespeckten Arrangements. Während sich der erste Film lustvoll von einem Song in den nächsten stürzte, waltet dieses Mal Zurückhaltung. Eine Singalong-Version, wie sie vom ersten Teil zum zehnjährigen Jubiläum diesen Mai in die Kinos geschickt wurde, kann man sich für die Fortsetzung getrost sparen.

Kompensiert wird der Druckabfall zwischen den Gesangsnummern mit orchestralen Instrumentalversionen im Hintergrund. Damit mag man Gefühlstiefe suggerieren, bleibt aber doch in seichten Gewässern.

2. Trauer statt Empowerment

In der Rahmenhandlung von Here We Go Again führt Amanda Sey-fried als Sophie das Hotel ihrer Mutter weiter. Dass sie den ersten Song a cappella anstimmt, hat natürlich seinen Grund. Bereits die ersten Filmbilder, so viel muss verraten werden, lassen keinerlei Zweifel aufkommen, dass hier Trauerarbeit geleistet wird. Dagegen ist natürlich grundsätzlich nichts zu sagen. Einem Filmmusical bereitet ein solcher Zugang aber eine Fülle von Problemen.

Trailer und Ausschnitte aus "Mamma Mia! Here We Go Again".
vipmagazin

Umso mehr, wenn auch die als Rückblende präsentierte Haupthandlung reichlich schaumgebremst abgespult wird. In deren Fokus steht nämlich die Geschichte, wie die von Meryl Streep einst so formidabel verkörperte Donna zu den drei potenziellen Vätern ihrer Töchter kam. Die Liebschaften werden als ebenso schicksalhafte wie im Grunde traurige Geschichte einer seriellen Monogamistin abgearbeitet. Von Lebensfreude, Frivolität oder gar Empowerment, wie sie Mamma Mia! noch auszeichneten, keine Spur.

Nicht viel ersprießlicher laufen die Dinge in der Haupthandlung: Entschied sich Tochter Sophie im ersten Film, die Hochzeit sausen zu lassen und lieber nochmals in die Welt hinauszuziehen, gipfelt der neue Film in einer mystisch überhöhten Kindstaufe.

3. Jung statt alt

Zu den erfreulichen Überraschungen des ersten Films zählte, dass Meryl Streep und Co die Formel Lügen straften, dass Hauptdarsteller jenseits der 30 Kassengift seien. Nicht weniger als 610 Millionen Dollar spielte die 52 Millionen Dollar teure Produktion bis heute ein.

Zwar tauchen die Darsteller des Original-Casts tatsächlich alle wie versprochen irgendwann im Verlauf des Films auf. Allerdings zum Teil nur sehr kurz, so als hätten sie sich zu einem Revivaltreffen von Mamma Mia! -Fans verirrt.

Englischsprachiger Trailer zu "Mamma Mia! Here We Go Again".
Universal Pictures

Der junge Cast macht seine Sache übrigens ganz ausgezeichnet, womit wir endlich bei einer Stärke von Here We Go Again wären. Allen voran tapfer schlägt sich Lily James, die als junge Sophie singt, tanzt und strahlt. Allein man macht ihr die Sache nicht leicht.

4. Postkarten statt Original

Bei der Fortsetzung nicht mehr an Bord war die Regisseurin des ersten Films, Phyllida Lloyd (The Iron Lady). Stattdessen führte Newcomer Ol Parker Regie, der für die Drehbücher zu den The Best Marigold Hotel -Filmen verantwortlich zeichnete und damit einem pittoresken Indien huldigte. Auch Here We Go Again beschwört seine Motive, sei es Paris, New York oder eben Griechenland, am liebsten als Ansichtskarten. Dass Kroatien als Drehort für Griechenland herhalten musste, fällt kaum noch ins Gewicht: Die meisten Sets wirken in ihrer Künstlichkeit ohnehin so, als seien sie einem Pizza-Werbespot im Fernsehen entsprungen.

Weitgehend verschwunden sind auch Choreografien, in denen freudestrahlende Einheimische mitschunkeln und gute Laune verbreiten.

5. Cher statt Meryl Streep

Zumindest einen Gipfel an Camp-Appeal erreicht Mamma Mia! Here We Go Again mit dem Gastauftritt von Cher als entfremdeter Großmutter. Wenn die 72-Jährige, offenbar einem Photoshop-Experiment am lebenden Körper entflohen, mit Andy Garcia den Song Fernando in die Mangel nimmt, sorgt das endlich für Lacher. Wenn auch unfreiwillig.

Pierce Brosnan hat sich bekanntlich auf den ersten Film aus zwei guten Gründen eingelassen: Meryl Streep und Griechenland. Von beiden ist im neuen Film wenig zu sehen. Kein Wunder also, wenn der ehemalige Bond-Darsteller, der sich für Mamma Mia! völlig zu Unrecht eine Goldene Himbeere einhandelte, in der Fortsetzung SOS anstimmt. Natürlich a cappella. (Karl Gedlicka, 19.7.2018)