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Die FPÖ mobilisiert in sozialen Medien besonders gut.

Foto: AP/Schlager

Wie erfolgreich sind österreichische Parteien auf Facebook – und was bedeutet das für die gesellschaftliche Debatte? Diesen Fragen ging die Buchautorin und Journalistin Ingrid Brodnig für einen neuen Bericht nach, der im Rahmen ihrer Tätigkeit als Digital Champion entstanden ist. Am Dienstag hat Brodnig die wichtigsten Ergebnisse ihrer Nachforschungen gemeinsam mit dem Datenanalysten Luca Hammer in Wien präsentiert.

Fleiß und Lohn

"Das blaue Feld ist sehr, sehr groß", sagt Brodnig mit Blick auf den Erfolg der FPÖ in sozialen Medien. Jahrelang dominierten die Freiheitlichen, die das Potenzial sozialer Medien rasch erkannt hatten, Statistiken über die Interaktionen auf Facebook. Erst als Christian Kern die SPÖ und Sebastian Kurz die ÖVP übernahmen, stiegen auch bei diesen beiden Parteien die Zahlen deutlich an. Grüne und Neos sind hingegen kaum signifikant. Das liege "sicher nicht am Fleiß", sagt Brodnig. Denn auch die kleineren Parteien posten regelmäßig in sozialen Medien. Allerdings sei ihre Zielgruppe natürlich begrenzt, außerdem spielt das Budget für Onlinewerbung eine Rolle.

Dabei unterscheiden sich die Parteien danach, welche Reaktionen sie bei Nutzern auslösen. Postings von SPÖ, FPÖ und Grünen werden meist mit "Wütend" markiert, während die ÖVP und die Liste Pilz "Liebe" auslösen. Die Neos schaffen am meisten "Haha", was laut Brodnig aber eher so gewollt ist, da sie vermehrt auf humoristische Inhalte setzen.

Parteien verlinken besonders oft krone.at

Etablierte Medien spielen für die gesellschaftliche Debatte nach wie vor eine große Rolle. Das zeigt sich an den Links, die Parteien und ihre Obmänner auf Facebook posten. Mit deutlichem Abstand führt hier krone.at, was vor allem auf FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache zurückzuführen ist. Strache verlinkte allein im ersten Halbjahr 2018 139-mal auf die Onlinepräsenz der "Krone". Dahinter folgen orf.at und derStandard.at, die beide vor allem von der SPÖ und den Neos – prinzipiell aber von allen Parteien – geteilt werden.

Online-Diskussionen färben ab

Aber auch umgekehrt wird die mediale Agenda zunehmend von Onlinediskursen geprägt. Brodnig warnt davor, diese allzu ernst zu nehmen. "Facebook ist kein Spiegel, sondern ein Zerrspiegel der Gesellschaft", sagt sie mit Blick auf die erhobenen Zahlen. So kommentierten zwischen Jänner und Oktober 2017 rund 172.000 User bei Parteien oder deren Chefs – auf Facebook sind insgesamt aber drei Millionen Österreicher aktiv. Von diesen 172.000 verfasst das aktivste Fünftel der Nutzer rund 73 Prozent aller Kommentare.

Allerdings lassen sich Medien allzu oft von vielgeteilten oder -kommentierten Beiträgen von Politikern beeinflussen. Und auch in der Politik haben Nutzerkommentare einen Einfluss. So begründete die Staatssekretärin Karoline Edtstadler (ÖVP) die Reform des Strafrechts auch mit der Stimmung auf Facebook und Konsorten.

Die Ergebnisse des Berichts sind nun auf digitalreport.at abrufbar. Brodnig und ihr Team haben auch Unterrichtsmaterialien entwickelt, etwa als Quiz. Als Digital Champion ist Brodnig dafür zuständig, Wissen und Bewusstsein über die Digitalisierung zu vermitteln. Die Digital Champions sind ein EU-Projekt, sie werden von den Mitgliedsstaaten ernannt. (fsc, 17.7.2018)